Die Lage im Sahel verschlechtert sich weiter. Allein in Mali (20 Millionen Einwohner) seien rund 7,5 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, sagt Francesco de Pasquale, Landesdirektor der Welthungerhilfe. Etwa 1,8 Millionen erlebten eine Ernährungskrise. "Wir tun alles Mögliche. Aber die Sicherheitslage verschlechtert sich seit Jahren. Unser Zugang zu Menschen in Not wird immer schwieriger", sagt de Pasquale.
Angriffe durch bewaffnete Banden und Terrorgruppen: Mali erlebt seit zehn Jahren seine schwerste Krise seit der Unabhängigkeit 1960. Bewegungen wie die Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime (JNIM) haben sich längst in der Region Mopti im Zentrum des Landes eingerichtet und kontrollieren ganze Dörfer, in denen sie eigene Wirtschafts- und Rechtssysteme aufgebaut haben.
Mali: Konflikte zwischen Volksgruppen nehmen zu
Der Staat - seit August 2020 ist eine Militärjunta an der Macht - hat vor allem im ländlichen Bereich in einigen Gegenden keinen Einfluss mehr. Auch nehmen Konflikte zwischen verschiedenen Volksgruppen zu, die teils von Dschihadisten geschürt werden. Die beiden großen Städte im Norden, Timbuktu und Gao, gelten derzeit allerdings als einigermaßen gesichert.
Um die Arbeit weiterzuführen, setzt Caritas International auf gut vernetzte Partner vor Ort. "Wir arbeiten mit Menschen, die ihre Heimatorte unterstützen, dort akzeptiert und integriert sind", sagt Christian Volkmar, Direktor des Regionalbüros für Westafrika in Dakar. Wichtig sei, stets genügend Informationen zur Sicherheitslage zu haben und immer wieder Risiken abzuwägen. Überfälle verübten längst nicht nur Dschihadisten. "Auch kriminelle Gruppen errichten Straßensperren", so Volkmar. Autos und Motorräder sind begehrte Objekte.
Finanztransaktionen sind ausgesetzt, die Grenzen geschlossen
Die Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas erschweren die Arbeit in Mali zusätzlich. Die Regionalorganisation, mit 15 Mitgliedstaaten hat sie am 9. Januar verhängt, um die Militärjunta unter Druck zu setzen. Anfangs hatte diese Wahlen für Ende Februar angekündigt. Zwischenzeitlich war dann von einer Übergangsphase von bis zu fünf Jahren die Rede. Die Ecowas setzte daraufhin Finanztransaktionen aus und schloss die Grenzen. Nur noch Lebensmittel und medizinische Güter kommen noch ins Land.
"Baumaterial wie Stahl und Zement darf nicht eingeführt werden. Bauten können also nicht mehr fortgesetzt werden, was wiederum zu verstärkter Arbeitslosigkeit im Bausektor führt." Lebensmittel sind zwar noch erhältlich; Preise für Zucker und Kochgas haben sich aber bereits erhöht. Unklar, wie lange die Regierung noch Gehälter zahlen kann.
Burkina Faso: Präsident abgesetzt, Anschläge auf Gesundheitszentren
Das Nachbarland Burkina Faso hat Sanktionen bislang noch nicht erlebt. Dort wurde Ende Januar Präsident Roch Marc Christian Kabore abgesetzt. Wie sich das Militär um Oberstleutnant Paul-Henri Sandaogo Damiba positionieren wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Verschlechtert hatte sich die Lage allerdings schon vor dem Staatsstreich, sagt Christian Volkmar. Mehr als 1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 2.000 wurden seit 2016 von Terroristen ermordet.
Rund 2.700 Schulen sind in Burkina Faso geschlossen. Große Einschneidungen erlebt das Gesundheitssystem, weil Bewaffnete in der Vergangenheit gezielt Anschläge auf Gesundheitszentren verübten. Fast 400 Einrichtungen sind beeinträchtigt, über 100 komplett geschlossen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) arbeitet in 8 von 13 Regionen des Landes. "Der Norden ist besonders von Terrorismus und dem bewaffneten Konflikt betroffen", sagt Arzt Youssouf Dembele, Leiter des MSF-Einsatzes.
"Ärzte ohne Grenzen" sieht gleichbleibende Gewalt
Um medizinische Nothilfe zu leisten - dabei geht es etwa auch um die Behandlung von Malaria-Kranken -, müsse zunächst mit allen Akteuren gesprochen werden; von der Bevölkerung über Regierungsvertreter bis hin zu bewaffneten Konfliktparteien. Erst bei Zustimmung zur Arbeitsweise der Organisation kommt es zu einem Einsatz. Man sei nicht da, um eine bestimmte Ideologie zu verbreiten, sondern müsse neutral bleiben, so Dembele. Veränderungen durch den Coup hat die Organisation bislang allerdings nicht beobachtet. "Das Maß an Gewalt hat sich nicht geändert. Die Menschen kommen weiter in unsere Einrichtungen."
In Malis Hauptstadt Bamako beobachtet Francesco de Pasquale von der Welthungerhilfe allerdings noch eine andere Entwicklung mit Sorge, auf die auch UN-Vertreter immer wieder aufmerksam machen: "Der Bedarf an Nahrungsmitteln und Nährstoffen steigt, aber die Finanzierung sinkt."