Schau im Jüdischen Museum widmet sich der Verhüllung von Frauen

Wo ist die Frau?

Die weibliche Verschleierung ist nicht nur ein Thema des Islam, sondern spielt auch im Judentum und Christentum eine Rolle. Die Ausstellung "Cherchez la Femme. Perücke. Burka. Ordenstracht" geht der Sache auf den Grund.

Autor/in:
Inge Pett
SOYUNMA / UNDRESSING, 2006 von Nicole Tintera / © Nicole Tintera (Nilbar Güres/Rampa Istanbul)

"Bei uns wird immer ein Tuch auf dem Kopf getragen." Mit diesem Ausspruch blickt eine Ordensschwester lächelnd von einem Plakat eines katholischen Krankenhauses herunter. Was so selbstverständlich scheint, ist spätestens seit den Debatten um ein Verschleierungsverbot von muslimischen Frauen gesellschaftlich stark umstritten. Mit der Ausstellung "Cherchez la Femme. Perücke. Burka. Ordenstracht" geht das Jüdische Museum in Berlin ab Freitag den Ursachen und Begründungen der weiblichen Verschleierung auf den Grund.

Von den antiken Ursprüngen bis zur heutigen Praxis zeigt die Schau den Umgang mit der weiblichen Verhüllung von Kopf und Körper in Islam, Judentum und Christentum. Dabei werden nicht nur die muslimische Burka und das Kopftuch, sondern auch die Perücken orthodoxer Jüdinnen nicht selten als Provokation verstanden. Denn viele Menschen sehen in der Verhüllung ein Zeichen des fehlenden Willens zur Integration.

Unter Textil und Haar

Die Kuratorin Miriam Goldmann geht daher in der Ausstellung auf 400 Quadratmetern vor allem der Frage nach, wieviel sichtbare Religiosität die Gesellschaft verträgt. "Cherchez la Femme" heißt übersetzt "Suchet die Frau". Die Frage ist demnach, wo die Frau steckt und ob sie, verborgen unter Textilien oder künstlichem Haar, noch die gleiche Person ist oder jemand anderes?

Eingangs stellt Goldmann die Ursprünge der weiblichen Verschleierung sowie ihre religiöse Bedeutung für die drei monotheistischen Religionen dar. Vor 3.000 Jahren war die Verhüllung der Frau zwischen Euphrat und Tigris demnach ein Zeichen ihrer herausgehobenen Stellung.

Die Schleier und der Staat

Im Christentum hat die weibliche Kopfbedeckung, die als Zeichen der Ehrfurcht vor Gott dient, vorrangig noch in östlichen Kirchen und reformierten Täufergemeinschaften Bestand. Bei der Papstaudienz ist der Schleier für Frauen indes eigentlich ein Muss. Pressefotos aus dem Archiv der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zeigen Bilder der verschleierten Jacky Kennedy, Charlene von Monaco sowie Michelle Obama; selbst die Queen trägt bei der Begegnung mit dem Papst die Krone mit einem Schleier.

In einer Vitrine werden die Kleidungsstücke vorgestellt, mit denen Frauen Kopf und Körper verhüllen. Der Besucher lernt, dass der muslimische Niquab das Gesicht bis auf einen Schlitz für die Augen verschleiert, wie sich ein Al-Amira-Schleier von anderen Hijabs unterscheidet und wodurch sich der türkische Stil bei den Kopftüchern auszeichnet.

Reize verstecken

Von der gegenüberliegenden Seite starren an die Wand projizierte männliche Augenpaare auf die Exponate. Für Programmdirektorin Cilly Kugelmann hat der männliche Blick viel mit der Verhüllung der Frau zu tun. "Die Frau soll ihre Reize verstecken, damit der Mann seine körperlichen Bedürfnisse beherrschen kann", sagt Kugelmann.

Ein männliches Augenpaar begutachtet auch die Skulptur "Chelgis" der in Teheran geborenen Künstlerin Mandana Moghaddam. Diese bezieht sich auf eine persische Märchenfigur mit wallendem, kaum zu bändigendem Haar. Das lange Haar steht für die weibliche Schönheit, vom anderen Geschlecht als existenzielle Bedrohung betrachtet.

Das Haar der Skulptur ragt jedoch unten aus der Vitrine heraus und wird durch die scharfe Glaskante abgetrennt. Die Künstlerin spielt hier mit der Möglichkeit der Selbstbestimmung. Warum nicht das Attribut der Weiblichkeit einfach abschneiden, die gläserne Hülle verlassen?

Zu Wort kommen

In Medieninstallationen äußern sich Jüdinnen und Muslima über ihr Verhältnis zum verhüllten Haupt oder Körper. Dabei kommen auch Vertreterinnen zu Wort, die ihre Kopfbedeckung als Zeichen kultureller Selbstbestimmung verstehen.

"Cherchez la Femme": Das jüdische Museum hat sich auf die Suche nach der Frau gemacht - und dabei eine Vielfalt an weiblichen Standpunkten gefunden.