Es ist eine Szene aus dem kollektiven Fernsehgedächtnis: In der Sendung "Wetten dass?" am 16. Mai 1981 hatte der Moderator Frank Elstner den österreichischen Schauspieler Karlheinz Böhm zu Gast. Dieser wettete, "dass nicht jeder dritte Zuschauer eine Mark, einen Franken oder sieben Schilling für notleidende Menschen in der Sahelzone spendet". Böhm gewann die Wette, bekam aber immerhin 1,2 Millionen Mark zusammen. So begann die Geschichte von Böhms größter Rolle, der des Helfers. Nun ist der Mime und Menschenfreund im Alter von 86 Jahren gestorben.
Anfang der 80er Jahre ging der bis dahin vor allem als Darsteller des Kaiser Franz Joseph in der "Sissi"-Trilogie bekannte Böhm mit viel Naivität ein Projekt an, das wenig später sein Leben bestimmen sollte. Der damals 53-Jährige bot das Geld von "Wetten dass?" zunächst den Regierungen von Tschad, Sudan und Äthiopien an. Addis Abeba zeigte Interesse. Böhm flog daraufhin nach Äthiopien, besuchte ein Flüchtlingslager und gründete am 13. November 1981 seine Stiftung "Menschen für Menschen". Heute hat sie ein Jahresbudget von rund 15 Millionen Euro und engagiert sich weiter ausschließlich in Äthiopien.
Bedingungslos Hilfe geben
Ein Zufallstreffer, aus dem eine Erfolgsgeschichte wurde. Doch zunächst fühlten sich viele Hilfsorganisationen von der Arbeit des Amateurs auf die Füße getreten. Ganz unbedarft hatte der Schauspieler sich auf einem besonders umstrittenen Gebiet engagiert: Das kommunistische Regime des damaligen äthiopischen Diktators Mengistu Haile Mariam hatte Hunderttausende Menschen aus dem dürregeplagten Norden in den regenreicheren Südwesten schaffen lassen.
Die Zwangsumsiedlungen aus den aufständischen Nordregionen kosteten nach Schätzungen von "Ärzte ohne Grenzen" Hunderttausend Menschen das Leben. "Menschen für Menschen" verteidigte die Unterstützung der umgesiedelten Äthiopier. Fast 100.000 Menschen sei durch Böhm geholfen worden, zu überleben und eine neue Existenz aufzubauen, hieß es.
Die Kritik an den vielfältigen Projekten, die "Menschen für Menschen" mit seinen knapp 800 Mitarbeitern heute Bereichen wie Straßenbau, Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft auf einer Fläche der Größe Niedersachsens umsetzt, ist mit den Jahren verstummt. Auch heute sieht die Stiftung die Arbeit im autokratisch regierten Äthiopien nicht als Drahtseilakt an. Es werde bedingungslos Hilfe gegeben, aber die Regierung dürfe auch keine Bedingungen an die Stiftung stellen, erklärt Almaz Böhm das Prinzip. Die äthiopische Ehefrau von Karlheinz Böhm leitet die Organisation seit 2011.
Die Rolle seines Lebens
Sensibilisiert für soziale Themen wurde der am 16. März 1928 in Darmstadt geborene Böhm durch seine Arbeit mit dem Regisseur Rainer Werner Fassbinder in den 70er Jahren. Bei einem Kuraufenthalt in Kenia 1974 war er schockiert von der Armut der Menschen, und beschloss zu helfen. "Ato Karl", Herr Karl, wie Karlheinz Böhm in Äthiopien genannt wurde, verbrachte während vieler Jahre mehrere Monate in Äthiopien und widmete sich ganz seiner Hilfsorganisation.
Stiftungsgründer und Retter vieler notleidender Afrikaner zu sein, wurde zur Rolle seines Lebens. 2006 kündigte Böhm an, sich nach und nach aus der Stiftung zurückzuziehen und die Verantwortung an seine Frau zu übergeben. Doch komplett zurückgezogen hat er sich nicht. 2003 verlieh der damalige äthiopische Regierungschef Meles Zenawi Böhm als erstem Ausländer die Ehrenstaatsbürgerschaft des Landes. Bei der Ehrung versprach Böhm "bis zum letzten Atemzug mit meiner ganzen Kraft dafür zu arbeiten, die Armut in diesem Land zu überwinden". Jetzt ist Karlheinz Böhm im Alter von 86 Jahren in seinem Haus in Grödig bei Salzburg gestorben. Böhm war seit langer Zeit krank.