Schiff für ersten Atommüll-Transport unterwegs

Castor-Transport auf Neckar

Zum ersten Mal soll es einen Atommüll-Transport auf einem deutschen Fluss - dem Neckar - geben. Atomkraftgegner kündigten eine Mahnwache an. Gegen den Reaktor Tihange gab es am Wochenende Proteste - die Demos gingen über drei Länder.

Ein Schiff für Atommüll / © Marijan Murat (dpa)
Ein Schiff für Atommüll / © Marijan Murat ( dpa )

Auf dem Neckar ist ein Transportschiff für den ersten Castor-Transport auf einem deutschen Fluss gestartet. Der Schubverband legte am Montagmorgen um 5.20 Uhr in Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) in Richtung Atomkraftwerk Obrigheim (Neckar-Odenwald-Kreis) ab, wie die Polizei mitteilte. Ein Hubschrauber sei im Einsatz, es gebe keine Einsatzkräfte auf dem Schiff - und keine Kenntnisse über mögliche Störungen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Göppingen.

Die Beförderung von zunächst drei Castor-Behältern per Schiff auf dem unteren Neckar ist heftig umstritten. Atomkraftgegner kündigten für den Vormittag eine Mahnwache in Gundelsheim an. Von Neckarwestheim sollte das Schiff etwa 50 Kilometer zum stillgelegten Atomkraftwerk Obrigheim fahren. An diesem Dienstag ist dort die Verladung der drei Castor-Behälter mit Atommüll geplant.

14 Stunden bis zum Zwischenlager

Bleibt es bei den Plänen, legt das Schiff mit ausgedienten Brennelementen an Bord nach dpa-Informationen am Mittwoch Richtung Neckarwestheim ab. Erstmals soll so Atommüll in Deutschland auf einem Fluss transportiert werden. Für die Fahrt zum dortigen Zwischenlager seien bis zu 14 Stunden veranschlagt. Die Abladung der Behälter beginne dann am Donnerstag. Insgesamt will der Energieversorger EnBW fünf Transporte mit je drei Castoren organisieren.

Hunderte Beamte sichern den Einsatz. Atomkraftgegner haben Proteste angekündigt. Der Transport wird von Booten der Wasserschutzpolizei begleitet, der Hubschrauber beobachtet die Lage aus der Luft. Kräfte aus anderen Bundesländern sind dem Vernehmen nicht vor Ort. Als mögliche kritische Punkte werden sechs Schleusen gesehen.

Proteste über drei Länder

Mit einer Menschenkette haben rund 50.000 Atomkraftgegner nach Veranstalterangaben am Sonntag mit einer Menschenkette gegen die belgischen Pannenreaktoren Tihange und Doel protestiert. Der 90 Kilometer lange Demonstrationszug erstreckte sich demnach über drei Länder von Tihange über Lüttich und Maastricht bis nach Aachen. Auf der gesamten Strecke standen die Menschen oftmals Hand in Hand, um ein Zeichen gegen den Weiterbetrieb der Atommeiler zu setzen, wie es hieß.

Unter dem Motto "Kettenreaktion Tihange" forderten die Aktivisten die Stilllegung der Atomkraftwerke sowie den Stopp von Brennelement-Lieferungen für belgische AKWs aus der Atomfabrik im niedersächsischen Lingen. Auch wandten sich die Umweltschützer gegen den Weiterbetrieb weiterer Reaktoren in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland. Organisiert wurde die Aktion von Anti-Atom-Initiativen, mit Unterstützung von Umweltverbänden und weiteren gesellschaftlichen Organisationen aus den beteiligten Ländern.

Kettenschluss am Nachmittag

"Das ist ein riesiger Erfolg", sagte Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt" dem epd. In den jeweiligen Regionen seien viele Menschen, darunter vor allem belgische Bürgerinnen und Bürger, dem Aufruf gefolgt. Das habe sich beispielsweise in Lüttich oder auch in Tihange gezeigt. Es sei zwar auf einer solch langen Strecke nicht überall gelungen, die Teilnehmer gleichmäßig zu verteilen. Doch am Nachmittag sei dann der Kettenschluss gelungen, erzählte Stay. Die Aachener Polizei bestätigte für den Abschnitt auf bundesdeutschen Gebiet rund 7.000 Demonstranten.

Die Teilnehmer kamen den Angaben nach größtenteils aus dem Dreiländereck Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Einzelpersonen, Familien, Gruppen, Vereine und Initiativen unterstützten den Protest. Auf Plakaten forderten sie mehr Sicherheit und Schutz für die Menschen und Umwelt in Ländern mit Kernreaktoren. Die Schirmherrschaft für die Aktion hatten der belgische Schauspieler und Regisseur Bouli Lanners, der Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp und der Präsident der Städteregion Aachen Helmut Etschenberg (beide CDU) sowie die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) übernommen. Verschiedene unterstützten auf deutscher Seite die Menschenkette.

Das AKW Tihange bei Lüttich liegt etwa 70 Kilometer südwestlich von Aachen. In dem 40 Jahre alten Kraftwerk gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Störfälle. In den vergangenen Wochen hatte es Meldungen über neue Risse in Tihange2 sowie im AKW Doel 3 bei Antwerpen gegeben. Nach Angaben der Initiative «KettenReaktion Tihange» sollen insgesamt 370 Risse bei jüngsten Überprüfungen entdeckt worden sein.

Thema für Bundespolitik

Der designierte Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), kündigte am Sonntag an, die neue schwarz-gelbe Landesregierung werde die Abschaltung des AKW Tihange im Bund zum Thema machen. Aachens OB Philipp erklärte, dass die Aktion eindrucksvoll die Sorge der Bevölkerung zeige. Es sei ein deutliches Signal ausgesandt worden, eine politische Lösung für die Atommeiler zu finden.


Aktivisten gegen Castor-Transport / © Marijan Murat (dpa)
Aktivisten gegen Castor-Transport / © Marijan Murat ( dpa )

Proteste gegen Tihange  (dpa)
Proteste gegen Tihange / ( dpa )
Quelle:
dpa , epd