Prum Vannak Anan hatte im Juli in Sydney bei der katholischen Konferenz zur Beseitigung von Sklavenarbeit die Bischöfe, Geschäftsführer und Mitarbeiter von 40 Bistümern und Institutionen mit seiner Geschichte beeindruckt. Vier Jahre schuftete der Kambodschaner als Sklave auf einem thailändischen Fischerboot.
Er wurde geschlagen, gefoltert, misshandelt. Zusammen mit einem Leidensgenossen gelang ihm die Flucht. Zurück in Kambodscha geriet Anan vom Regen in die Traufe: Korrupte Beamte verkauften ihn an den Besitzer einer Ölpalmenplantage. Wieder konnte er entkommen - und wurde zum Aktivisten gegen moderne Sklavenarbeit.
Wie hält es die Kirche?
Für den am Freitag veröffentlichten Konferenzbericht und dessen Empfehlungen für katholische Einrichtungen in Australien wurden unter anderem die Beschaffungsausgaben von 23 katholischen Einrichtungen sowie das Bewusstsein der Verantwortlichen unter die Lupe genommen.
Die Bilanz: 75 Prozent der gesamten Ausgaben der Einrichtungen von umgerechnet 1,2 Milliarden Euro wiesen ein "hohes Risikopotenzial für moderne Sklaverei" auf; das traf auch auf etwa die Hälfte aller Lieferanten sowie auf 12 von 23 Produktkategorien zu.
65 Prozent der begutachteten Institutionen hatten bislang für ihr Beschaffungswesen und ihre Lieferantenverträge keine Standards gegen Sklaverei und drei Viertel niemals gegenüber ihren Lieferanten Sklavenarbeit thematisiert. Eine der Kernempfehlungen des Reports zielt auf die Einrichtung eines Onlineportals ab, das Informationen zur Einschätzung von Risiken in den Lieferketten und Material zur Aufklärung von Mitarbeitern bieten soll.
Drei Gründe für entschiedenes Vorgehen
Dass Australiens Kirche als eine der ersten in der katholischen Welt aktiv gegen moderne Sklaverei in ihrem Beschaffungswesen vorgeht, liegt an drei Impulsgebern: erstens Papst Franziskus, der Sklaverei und Menschenhandel den Kampf angesagt hat; zweitens das 2018 vom Parlament erlassene Gesetz gegen Sklaverei; und drittens Anthony Fisher, Erzbischof von Australiens reichster und einflussreichster Diözese Sydney.
Fishers schon 2017 gestartete Initiative zum Ausschluss von Lieferanten, die Waren ganz oder teilweise von Opfern des Menschenhandels herstellen lassen, diente als Blaupause für die nun veröffentlichten Empfehlungen. "Wir möchten die anderen Bistümer und Institutionen ermutigen, seinem Beispiel zu folgen, und bieten ihnen dafür die notwendige Unterstützung", sagte John McCarthy, Leiter der Anti-Sklaverei-Taskforce der Erzdiözese Sydney, bei der Vorstellung des Reports.
Australien hat 2018 ein Gesetzespaket gegen moderne Sklaverei verabschiedet. Einrichtungen und Unternehmen mit mehr als umgerechnet 61 Millionen Euro Umsatz sind zur Veröffentlichung von Berichten über ihre Maßnahmen zur Identifizierung und Ausmerzung von Formen der modernen Sklaverei in ihren Beschaffungs- und Lieferketten verpflichtet.
Katholische Kirche mit Vorbildfunktion
Der katholischen Kirche kommt bei der Umsetzung des Gesetzes eine Vorbildfunktion zu; nicht nur als Institution, zu deren Markenkern die Bekämpfung von Armut und das Eintreten für soziale Gerechtigkeit gehören. Mit mehr als 180.000 Mitarbeitern in ihren Gemeinden, Schulen, Krankenhäusern, Altersheimen und anderen sozialen Einrichtungen gehört sie auch zu den größten privaten Arbeitgebern des Landes.
Sonja Duncan ist optimistisch, dass die kirchlichen Institutionen ihren Worten jetzt Taten folgen lassen. Die meisten katholischen Einrichtungen stünden jetzt "in den Startlöchern", so die Expertin für Nachhaltigkeit. Entscheidend sei die richtige Schulung und Risikoerkennung. "Mit einer angemessenen Zuwendung von Mitteln", so Duncan, "kann die katholische Kirche noch in dieser Generation die moderne Sklaverei beenden."