Statt wenigstens einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen, sei Europa vornehmlich um Abschottung bemüht, sagte Schönborn am Donnerstag in seiner Eröffnungsrede zum Europäischen Apostolischen Kongress der Barmherzigkeit vor rund 150 Teilnehmern in der römischen Kirche Sant'Andrea della Valle. Der Kardinal prangerte zudem an, dass die Christenverfolgung weltweit zugenommen habe.
"Das Gegenteil der Barmherzigkeit ist die Verhärtung des Herzens. Das erleben wir grade in Europa", sagte Schönborn, der als Präsident den Rat des Apostolischen Weltkongresses leitet und sich jüngst drei Tage im Irak aufgehalten hatte. Dort hatte er unter anderem mehrere Flüchtlingslager besucht und die Hilfe der Christen gegenüber muslimischen Flüchtlingen als "konkrete Beispiele gelebter Barmherzigkeit" gelobt. Verhärtete Herzen hingegen führten zu Gleichgültigkeit gegenüber anderen und zum "Verlust der Menschlichkeit". Schönborn warnte zugleich vor Rechtfertigungsversuchen und Egoismus. Wichtige Voraussetzungen, um von begangenen Sünden erlöst zu werden, seien Wahrheit, Reue und der Wille zur Umkehr.
Schönborn stellt auch Papstpapier vor
Der Wiener Kardinal ging auch auf das offizielle Schlussdokument der Weltbischofssynode zur Familie ein, das am 8. April veröffentlicht werden soll. Schönborn wird das päpstliche Schreiben mit dem Titel "Amoris laetitia" ("Freude der Liebe") bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Generalsekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, vorstellen. In dem Papier sei unter anderem auch die Verhärtung der Herzen innerhalb der Familie ein Thema, sagte Schönborn.
Zum Europäischen Apostolischen Kongress der Barmherzigkeit (31.3. bis 4.4.) werden rund 500 Teilnehmer aus aller Welt in Rom erwartet. Seit 2008 fanden die Zusammenkünfte bislang dreimal statt. Sie erinnern in besonderer Weise an die Amtszeit von Johannes Paul II. (1978-2005), der ähnlich wie Papst Franziskus die Forderung nach Barmherzigkeit zu einem zentralen Thema seines Pontifikates gemacht hatte.