Zum 90. Geburtstag des Schriftstellers Michael Ende

"Schreiben ist für mich ein Abenteuer" - Besuch im Ende-Museum

Der geistige Vater von Momo und Jim Knopf, Michael Ende, wäre am Dienstag 90 Jahre alt geworden. In München wird in der Internationalen Jugendbibliothek ein Teil seines bunten Nachlasses in Ehren gehalten.

Autor/in:
Barbara Just
Schreibmaschine und Buch / © Peerayot (shutterstock)

Griffbereit hängt der schwarze Hut samt Stock zum Ausgehen neben der Tür. Auf den Besitzer warten sie aber vergeblich. Zusammen mit Möbeln, einem Dutzend Pfeifen, selbstgefertigten Marionetten, Tarotkarten und vor allem mehr als 3.000 Büchern gehören diese Dinge zum Nachlass des Kinderbuchautors Michael Ende (1929-1995). Ihren Platz haben sie seit 1998 in einem eigenen Michael-Ende-Museum in der Münchner Internationalen Jugendbibliothek. An diesem Dienstag, den 12. November, wäre der in Garmisch-Partenkirchen geborene Autor 90 Jahre alt geworden.

Umfangreiche Privatbibliothek

Wer das Museum im Dachgeschoss in einem Seitenflügel von Schloss Blutenburg betritt, taucht sofort in die Fantasie-Welten des Schriftstellers ein. Auf einem großen Tisch liegen unter anderem "Der Teddy und die Tiere", "Momo", "Die unendliche Geschichte" oder die Abenteuer von "Jim Knopf und die Wilde 13" aus. Sie laden ein zum Niedersetzen und Schmökern. Zu entdecken gibt es nicht nur die von Ende herausgegebenen 30 Bücher in Original- und Lizenzausgaben, die in mehr als 40 Sprachen erschienen sind, sondern auch viele Werke, aus denen er sich seine Anregungen holte.

Etwa 3.000 Bände umfasste seine Privatbibliothek. Die großen Dichter und Denker wie Goethe und Nietzsche sind ebenso vertreten wie Leben und Werk von Jean Cocteau. Der Autor war zudem ein begeisterter Leser von griechischen Sagen, keltischen Mythen und fantastischen Geschichten. In den Schaukästen finden sich auch deutlich abgegriffene Werke wie ein Buch über "Alte und neue Magie" oder das "Lehrbuch der praktischen Astrologie". Bisweilen spielte Ende auf seiner ebenfalls ausgestellten Gitarre oder hörte auf Schallplatte die Musik von Angelo Branduardi.

Anfängliche Ablehnungen

Ende, der ursprünglich eine Ausbildung zum Schauspieler machte, war auch durch die surrealistischen Bilder seines Vaters Edgar inspiriert. Der wiederum setzte seinerseits die Ideen seines Sohnes künstlerisch um. Ein Beispiel ist das 1958 entstandene Gemälde "Die Angst der Berge". Es zeigt einen Berg in Gestalt eines sich umarmenden menschlichen Paares, aus dem eine dampfende Lokomotive herausfährt. Die Parallelen zur "Wilden 13" sind unverkennbar.

Dabei fand das 500-seitige Skript "Jim Knopf" anfangs keinen Anklang. Zehnmal wurde es abgelehnt, bis sich der Thienemann-Verlag 1960 entschloss, das Buch in zwei Teilen herauszugeben. Ein Jahr später gab es dafür den Deutschen Jugendbuchpreis - und als die Augsburger Puppenkiste die Geschichten ins Fernsehen brachte, war ein Bestseller geboren. Dabei sollte mit "Momo", zu dem Ende sogar die Zeichnungen schuf, und mit "Die unendliche Geschichte" erst noch der ganz große Erfolg kommen. "Schreiben ist für mich ein Abenteuer, bei dem man nie weiß, wohin es einen führen wird", sagte der Autor einmal.

Symbole für Alter und Weisheit

Doch während die Kinder seine Bücher liebten, gingen die Kritiker der 1970er Jahre hart mit Ende um. Sie warfen ihm vor, mit den Romanen die Flucht aus der Gegenwart anzutreten, und vermissten die damals eingeforderte gesellschaftliche Relevanz. Das kränkte ihn zwar; Ende blieb sich aber treu wie seine Bilderbuchheldin "Tranquilla Trampeltreu - die beharrliche Schildkröte". In seinen Romanen tauchen die Reptilien immer wieder als ein Symbol für Langsamkeit, Alter und Weisheit auf. In seiner "Casa Liocorno" (Haus Einhorn) in den Albaner Bergen hielt er sich Schildkröten als Haustiere; später konnte er sich vor geschenkten Schildkrötenfiguren nicht mehr retten.

Im Museum findet sich in den Vitrinen neben Krimskrams auch das an der Schreibmaschine getippte Originalmanuskript von "Momo". Eine Besonderheit ist die von Endes zweiter Frau, der Japanerin Mariko Sato, ins Japanische übersetzte Gesamtausgabe seines Werks. Der Autor, dessen Bücher millionenfach verkauft wurden, starb am 28. August 1995 in Filderstadt. Begraben ist er auf dem Münchner Waldfriedhof. Ein großes und ein kleines aufgeschlagenes Buch hat Angerer der Ältere für Endes letzte Ruhestätte entworfen. Dazwischen sitzt eine Schildkröte, auf deren Panzer die Worte zu lesen sind: "Habe keine Angst".


Quelle:
KNA