Ein großer Mensch mit Stab trägt das Jesuskind auf den Schultern über einen Fluss: So wird der Heilige Christophorus in der Ikonographie häufig dargestellt. Denn in der bekanntesten Legende war Christophorus ein Riese. Er trug den Namen Offerus.
Mit seiner Erscheinung erschreckte er die Menschen, die ihm begegneten. Der Riese beschloss, dem mächtigsten Herrscher zu dienen und fing an, ihn zu suchen. Er fand aber keinen. Irgendwann riet ihm ein frommer Einsiedler, dass nur Gottes Macht unbegrenzt sei. Der Riese solle seine Körpergröße nutzen und Reisende über einen Fluss tragen – als Dienst für den Willen Gottes. Gesagt, getan.
Als er eines Tages ein Kind auf die Schulter nahm, um es über den Fluss zu tragen, passierte jedoch etwas ungewöhnliches. Je tiefer Offerus in das Gewässer stieg, desto schwerer schien das Kind zu werden. In der Mitte des Stromes keuchte Offerus schließlich: "Kind, Du bist so schwer, als hätte ich die Last der ganzen Welt zu tragen!"
Das Kind antwortete: "Wie Du sagst, so ist es, denn ich bin Jesus, der Heiland. Und wie Du weißt, trägt der Heiland die Last der ganzen Welt." Am anderen Ufer angelangt, setzte Offerus das Kind ab. Das Kind sagte zu ihm: "Du hast den Christ getragen, von jetzt an sollst Du Christofferus, also Christusträger, heißen." Diese Legende wurde populär, besonders durch ihre schriftliche Fassung und Verbreitung in der Legenda Aurea.
Legende oder Wahrheit?
Es jährt sich einmal wieder der Gedenktag des Heiligen Christophorus. Doch wie können Christen mit einer solchen Legende umgehen? Hat es eine Bedeutung, wenn bis heute keine Einzelheiten aus dem Leben des Heiligen bekannt sind und die Geschichte nicht belegbar ist? Vor 50 Jahren sollte der heilige Christophorus aus dem Heiligenkalender gestrichen werden, weil eben zu wenig über ihn bekannt war. Manche behaupteten sogar, er habe nie historisch existiert und sei eine rein legendarische Gestalt.
"Legenden sind keine Märchen", erklärte der damalige Domkapitular Markus Hofmann in seiner Predigt am Christophorustag 2017. Sie hätten einen historischen Kern, um den herum dann Geschichten zur Ausschmückung entstanden seien. "Heiligen-Legenden sind keine Romane, sondern Erzählungen, die Glaubenswahrheiten veranschaulichen", sagte er konkreter.
Als historisches Zeugnis für die Existenz des Christophorus gilt mittlerweile die Weihe einer Kirche im Jahr 454 in Chalkedon, dem heutigen Istanbul. Zeugnisse zeigen, das die Kirche dem heiligen Christophorus schon im 5. Jahrhundert geweiht wurde. "Damals war es nur möglich, eine Kirche einem Märtyrer zu weihen", so Hofmann. Deswegen sei klar gewesen, dass Christophorus wirklich gelebt habe und als Märtyrer für Christus gestorben sei.
Ein Monster?
Nach der Urlegende soll Christophorus ein hundsköpfiges, menschenfressendes Ungeheuer namens Probus oder Reprobus gewesen sein, das erst durch die Taufe die Sprache erlernte und den Namen Christophorus erhielt. "Hundsköpfig heißt schlicht Heide, ungetauft“, so Hofmann. Und hier sieht er die Verbindung noch zur heutigen Taufe. "Ein Mensch ohne Taufe kann Gott nicht so ansprechen, nicht so loben und verehren, wie es Jesus gelehrt hat." Darum würden bei der Taufe bis heute die Ohren und der Mund des Täuflings gesegnet, damit der Getaufte lerne, das Evangelium zu hören, zu verstehen und dann den Glauben auch richtig zu bekennen.
So würden alle Gläubigen in der heiligen Taufe auch Christusträger werden. Wie Christophorus Jesus in der Taufe auf sich genommen habe, so ist Hofmann überzeugt, so sind auch die gläubigen Christen aufgerufen, Jesus mit allen Kräften zu dienen, sei es zu Fuß mit dem Fahrrad, dem Auto, dem Schiff oder dem Flugzeug. Alle Wege sollen auf dieses Ziel gerichtet sein.