Die Abtei sichert uneingeschränkten Zugang zu Archiven zu. Die Arbeitsgruppe soll mutmaßliche Missbrauchsfälle in dem Kloster der Augustiner-Chorherren in den vergangenen Jahrzehnten nach rechtlichen und historischen Kriterien aufarbeiten, wie das Portal kath.ch unter Berufung auf die Abtei meldet.
Die Arbeitsgruppe, in der Generalstaatsanwalt Pierre Aubert auch durch Historiker der Universität Fribourg unterstützt werde, soll den Angaben zufolge über uneingeschränkten Zugang zu den Abteiarchiven und zu Zeugenaussagen der Chorherren wie auch der Opfer erhalten. Gleichzeitig betonen die Verantwortlichen, diese Aufarbeitung ersetze keine Untersuchung durch die Justiz. Der Staatsanwalt handele in der Arbeitsgruppe als Experte, nicht als Richter.
Abtei hofft auf Aufklärung der Vorwürfe
Die Abtei Saint-Maurice hofft, dass mit dieser Aufarbeitung Vorwürfe gegen sie aufgeklärt werden können. Ziel des Vorgehens sei, jeden einzelnen Fall zu klären, die Wahrheit herauszufinden und eine angemessene Anerkennung der Opfer zu erreichen, heißt es aus dem Kloster. Sofern bei der Aufarbeitung noch nicht verjährte und noch nicht abgeurteilte Straftaten entdeckt werden, würden diese bei der Justiz angezeigt, versichert die Abtei.
Die Abtei Saint-Maurice gilt als ältestes Kloster des Abendlandes, das ohne Unterbrechung besteht. Sie untersteht unmittelbar dem Papst. Der Ruf der im 6. Jahrhundert gegründeten Abtei wurde in den vergangenen Monaten durch Vorwürfe sexueller Verfehlungen schwer erschüttert.
Meisten Fälle zwischen 1995 und 2005 ereignet
Im November berichtete das Westschweizer Fernsehen RTS über Missbrauchsvorwürfe gegen mehrere Augustiner-Chorherren, von denen ein Teil bereits gestorben ist. Die mutmaßlichen Taten liegen bis zu sechs Jahrzehnte zurück. Die meisten Fälle sollen sich zwischen 1995 und 2005 ereignet haben und wurden offenbar auch behördlich untersucht. Sie führten zu Untersuchungshaft und Bewährungsstrafen; manche Verfahren wurden auch eingestellt.
Schon im September hatte der Abt von Saint-Maurice, Jean Cesar Scarcella (72), nach einem Vorwurf sexuellen Missbrauchs sein Amt bis auf Weiteres niedergelegt, um die Ergebnisse einer kirchlichen Untersuchung abzuwarten. Auch der ihm zunächst nachgefolgte klosterinterne Interimsleiter trat zurück, nachdem er der sexuellen Nötigung eines Novizen vor 20 Jahren beschuldigt wurde. Im November ernannte Papst Franziskus den ehemaligen Oberen der Kongregation des Großen Sankt Bernhard, Jean-Michel Girard (75), zum päpstlichen Interimsverwalter (Apostolischen Administrator).