Schwester Nicola Maria ist auf dem Synodalen Weg unterwegs

Ordensfrau macht sich für Reformen stark

Schwester Nicola Maria hat nicht Theologie studiert. Trotzdem hat die Ordensfrau klare Standpunkte zur Kirchenkrise und vertritt sie auch beim Reformprojekt Synodaler Weg. Vor allem männliche Dominanz ärgert sie.

Autor/in:
Michael Jacquemain
Schwester Nicola Maria Schmitt / © Julia Steinbrecht (KNA)
Schwester Nicola Maria Schmitt / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Schwester Nicola Maria lacht. Gern und viel. Ernst wirkt die 61-jährige Ordensfrau indes, wenn es um ihre Kirche geht, wenn sie von den "Zumutungen" spricht, der sie und alle anderen Frauen sich immer wieder ausgesetzt sehen.

Dann bilden sich Falten auf der Stirn, und sie wirkt kämpferisch. Die Vormachtstellung der Männer beschäftigt sie. Schon immer, wie sie sagt. Aber sie hat gelernt, mit Widerständen umzugehen.

Nicola Maria wuchs im badischen Waldshut-Tiengen am Hochrhein auf.

Mit 20 in den Orden der Vinzentinerinnen eingetreten

Gegenüber, an der anderen Flussseite, liegt der Kanton Aargau. Die Familie mit vier Kindern war gut katholisch geprägt, der Vater Lehrer, die Mutter Hausfrau. Weil Nicola Maria, die damals Mechthild hieß, die dauernden Vergleiche mit ihrer Zwillingsschwester leid war, meldete sie sich in der sechsten Klasse selbst vom Gymnasium ab und an der Realschule an. Basta.

Teilnehmer auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt / © Julia Steinbrecht (KNA)
Teilnehmer auf der vierten Synodalversammlung in Frankfurt / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Autonomie und Unabhängigkeit waren mir schon immer wichtig", sagt sie. Auch nach dem Schulabschluss machte sie das, was sie schon als Kind hatte machen wollen: Sie absolvierte eine Krankenpflegeausbildung und trat mit 20 in den Orden der Vinzentinerinnen ein. Sie nennt es ihren "Urwunsch, die heftig empfundene Liebe Gottes zu erwidern".

Im Unterschied zu den meisten anderen kirchlichen Gemeinschaften und Orden legen die Vinzentinerinnen keine lebenslangen Gelübde ab, vielmehr erneuern sie in jeder Osternacht öffentlich in einem Gottesdienst ihr Versprechen. Oder nicht. "Auch das bedeutet ein Stück Freiheit", sagt Nicola Maria.

1981 wechselte die Badenerin nach Württemberg und arbeitete für rund ein Vierteljahrhundert im Stuttgarter Marienhospital. Erst als einfache Krankenschwester, dann als Stationsleiterin und zuletzt als Pflegedirektorin des akademischen Lehrkrankenhauses. Schließlich machte ihr "der Leib einen Strich durch die Rechnung". Sie meint damit die vielen Operationen, die sie nach einer Krebserkrankung erdulden musste.

Seit knapp eineinhalb Jahrzehnten lebt sie in einer kleinen Gemeinschaft mit zwei bis vier anderen Vinzentinerinnen im Haus der Katholischen Kirche (HdKK) an der Stuttgarter Königstraße. Mit bester Aussicht auf Landtag, Oper und die berühmte Halbhöhenlage mit der Staatskanzlei. Ihr Wohnort entspricht ihrem Arbeitsplatz, denn beschäftigt ist Nicola Maria zur einen Hälfte am Info-Zentrum im HdKK und zur anderen Hälfte in der City-Pastoral am Eberhardsdom nebenan.

Vertreterin beim Synodalen Weg

Ihr Ansatz beim Umgang mit allen Fragen über Gott und die Welt: "Menschen befähigen, ihre eigenen Kräfte zu nutzen." Letztlich sei es bei dieser Art Seelsorge wie in der Pflege: "Wir müssen ressourcenorientiert leben: auf das schauen, was geht, und nicht darauf, was gerade nicht funktioniert." Den Gedanken überträgt sie auf ihre Kirche. Sie will einen "Blickwechsel", nach dem die Menschen sagen sollen, was sie brauchen, und nicht die Kirche Bedürfnisse und deren Befriedigung bestimmen will.

Schwester Nicola Maria Schmitt / © Harald Oppitz (KNA)
Schwester Nicola Maria Schmitt / © Harald Oppitz ( KNA )

Seit ein paar Jahren hat Nicola Maria eine weitere Aufgabe - warum und wieso, das weiß sie nach eigenem Bekunden bis heute nicht so genau. Auf jeden Fall kam ein Anruf ihrer Ordensoberen und die Frage, ob sie nicht beim katholischen Reformvorhaben Synodaler Weg mitmachen wollte - als eine von zehn Frauen und Männern, die die Orden vertreten. Sie wollte - und befasst sich seitdem mit Arbeitspapieren, die sich um Macht, Sexualethik, die Rolle von Priestern und die Beteiligung von Frauen drehen. Am 9. bis 11. März steht die nächste und gleichzeitig letzte Runde an.

"Ich bin kritischer geworden", sagt sie im Rückblick über sich. Sie will "Dialog auf Augenhöhe, denn getauft und gefirmt sind wir alle." Durch "klerikale, männliche Strukturen" will sie sich nicht mehr "abspeisen lassen". Mit der neuen Rolle kamen neue Verpflichtungen:

Pfarreien und Verbände laden sie ein, damit sie an der Basis von den Veränderungsbemühungen spricht. Als Referentin steht sie dann auch mal neben der Tübinger Professorin und ehemaligen Vorsitzenden des Katholisch-Theologischen Fakultätentages (KThF), Johanna Rahner, im Programm.

Und nun auch noch Weltsynode?

Zuletzt kam ein weiterer Anruf: Ob sie nicht Interesse habe, an der von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode teilzunehmen und auch dort die Ordensgemeinschaften zu vertreten. Doch zu viel ist zu viel.

Nicht zuletzt wegen ihrer als unzureichend empfundenen Fremdsprachenkenntnisse sagte sie ab und schlug andere Ordensfrauen vor.

Nicola Maria vertritt ihre Meinung geraderaus - klar und einfach, ohne Netz und doppelten Boden, ohne theologische Fachwörter. Für sie zentral ist die Frage: Was will Gott heute? Die Antwort darauf sucht sie nicht im Gestern. Da passt es, dass im Wohnzimmer der kleinen Gemeinschaft, das auch als Kapelle dient, im Blumengebinde ein Harlekin hängt. "Fasnet muss sein", sagt Nicola Maria und lacht.

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA