Der Sektenbeauftragte des Erzbistums Berlin, Andreas Komischke, hat mit Blick auf die neue Repräsentanz der Scientology-Organisation in Berlin vor Panikmache gewarnt. Er rate aber dazu, deren Aktivitäten in der Hauptstadt kritisch zu beobachten, sagte Komischke am Montag in Berlin auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Aufklärungsarbeit an Schulen nötig
Komischke erklärte, bislang sei die Wirkung der Organisation auf Politik und Wirtschaft in Deutschland sehr gering. Die psychische und finanzielle Schädigung des Einzelnen durch Scientology sei aber enorm. Da sich in der Nähe der Repräsentanz zwei Schulen befinden, appellierte Komischke an Berlins Senatsschulverwaltung, dort zunächst verstärkt Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch eine Beobachtung der Organisation durch den Verfassungsschutz müsse erneut erwogen werden.
Scientology mit neuer Missionsstrategie
Die Organisation hat in Deutschland zwischen 3000 und 5000 Mitglieder. Nach Einschätzung der Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology in der Hamburger Behörde für Inneres, Ursula Caberta, will die Organisation mit einer neuen Missionsstrategie verstärkt Einfluss auf Politik und Kultur nehmen. Dafür stehe auch die Eröffnung der Berliner Zentrale, erklärte sie in einem Interview der "Berliner Morgenpost" (Dienstag). Caberta wertete die Organisation als eine Form des politischen Extremismus. Scientology wolle vor allem junge und gutgläubige Menschen durch vordergründige Hilfe beeindrucken und anwerben. Das wahre Gesicht der Organisation werde nicht nach außen gezeigt.
Politische Auseinandersetzung nötig
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat eine politische Auseinandersetzung mit der umstrittenen Scientology-Organisation gefordert. Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz komme mangels fehlender Anhaltspunkte zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nicht in Frage, sagte Körting der Berliner "Tageszeitung" (Dienstagsausgabe). Scientology sei aber eine "miese Organisation, die gegenüber ihren Mitgliedern Druck ausübt, die versucht, sie hörig zu machen, Schwächesituationen ausnutzt, um die Menschen in die Organisation zu ziehen".
Im Inforadio vom RBB sagte Körting, es müsse nach außen deutlich gemacht werden, "was für eine Ideologie hinter dieser Organisation steckt". Mögliche Interessenten müssten darüber aufgeklärt werden, "was sie dort erwartet".
Sientology kann nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden
In Berlin wird die umstrittene Organisation seit 2003 nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet, nachdem in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht durch die Behörden keine Anhaltspunkte für tatsächlich verfassungsfeindliche Aktivitäten vorgelegt werden konnten. Sollten sich jetzt "durch neue Aktivitäten neue Anhaltspunkte ergeben, werden wir prüfen und gegebenenfalls mit dem Bund abstimmen", betonte Körting. Eine Gesetzesänderung, wie von der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus gefordert, sei dazu nicht notwendig.
Eine Klage von Scientology gegen die Beobachtung durch den Bundesverfassungsschutz wurde 2004 in erster Instanz abgewiesen, da unter anderem „tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor[lägen], dass die Kläger ernsthaft Bestrebungen verfolgen, die darauf gerichtet sind, die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte und das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in allgemeiner und gleicher Wahl zu wählen, zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen."
Im Saarland wurde 2005 eine ähnliche Klage in zweiter Instanz stattgegeben, weil die mehr als siebenjährige Beobachtung in einem Bundesland ohne Einrichtungen der Organisation und weniger als 20 aktiven Mitgliedern keine die Fortsetzung dieser Beobachtung rechtfertigenden Ergebnisse erbracht habe, und deshalb unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unverzüglich einzustellen sei.
Scientology: Sektenbeauftragter warnt vor Panikmache
Neue Repräsentanz in Berlin
Die Scientology-Gemeinschaft oder Sekte wird am Samstag auf sechs Stockwerken ihre neue Niederlassung in Berlin Charlottenburg einweihen. Bislang ist unklar, ob das Gebäude nahe dem Ernst-Reuter-Platz die neue Deutschlandzentrale des Unternehmens werden soll.
Wie schätzt die Kirche die Organisation ein? Dazu sprach domradio mit Sabine Kleibold, von der katholischen Nachrichtenangentur KNA
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