Die Christen verehren in der Kirche den Ort der Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung Jesu. Nach den Erkenntnissen der Archäologie spricht vieles dafür, dass das Grab Jesu auf dem Gelände der Kirche lag. Anders als heute lag das Grundstück vor 2.000 Jahren außerhalb der Stadtmauern.
Der Bau geht im Kern auf die konstantinische Zeit zurück. Insgesamt erstrecken sich die Gebäudeteile über eine Fläche von etwa 100 mal 120 Metern. Nicht alle sind zugänglich. Seit kurzem kann die Kirche aber auf der Homepage der Franziskaner-Kustodie des Heiligen Landes (www.holysepulchre.custodia.org) online besichtigt werden. Auf der Website sollen auch die Osterfeierlichkeiten übertragen werden.
Sechs Konfessionen - Griechisch-Orthodoxe, Armenier, Kopten, Äthiopier, Syrer und katholische Lateiner - teilen sich die Kirche und machen einander dabei mitunter das Leben schwer. Den Hauptteil des Gebäudes beanspruchen die Griechisch-Orthodoxen; Lateiner und Armenier teilen sich den Rest. Die koptisch-orthodoxe, die syrisch-orthodoxe und die äthiopisch-orthodoxe Kirche verfügen über einzelne Kapellen und dürfen nicht jeden Tag Gottesdienst feiern. Im gemeinschaftlichen Besitz befinden sich die Ädikula (Grabeskapelle) und der Salbungsstein.
Status Quo von 1852
Das Zusammenleben der Konfessionen wird vom sogenannten "Status quo" bestimmt, einem Dekret des türkischen Sultans aus dem Jahr 1852. Der "Status quo" behindert zugleich aber notwendige Veränderungen. So gibt es seit langem die Forderung nach einem Notausgang. Die israelische Feuerwehr betrachtet das Gotteshaus im Falle eines Feuers als "Todesfalle". Ein weiteres Problem: Die kleine Ädikula über dem Grab müsste renoviert werden. Schon 1947 brachten die Engländer Eisenklammern an, um ihren Einsturz zu verhindern. Zwischen den Konfessionen besteht jedoch keine Einigkeit über eine Renovierung. Ein Dauerstreitpunkt sind auch die öffentlichen Toiletten: Die Franziskaner wollen sie renovieren, andere legen sich quer.
Als großen ökumenischen Erfolg heben die Vertreter der Konfessionen stets die Renovierung der Kirche in den 1950er bis 1990er Jahren. Gleiches gilt für die Neugestaltung der Kuppel über dem Heiligen Grab, die 1995 beschlossen und zwei Jahre später abgeschlossen wurde.
Ein weiteres Kuriosum: Der Schlüssel zum einzigen Portal wird von zwei muslimischen Familien verwaltet. Dies geht auf die Zeit der islamischen Wiedereroberung Jerusalems zurück. Damals wurden elf der zwölf Portale zugemauert - der Schlüssel zum einzigen Tor ging in muslimischen Besitz über.
Eine Zeitumstellung gibt es nicht
Im Sommerhalbjahr ticken auch die Uhren in der Grabeskirche anders als im übrigen Jerusalem. Eine Zeitumstellung gibt es nicht, da die "fehlende" Stunde zu Differenzen zwischen den Konfessionen führen würde. Denn auch während der Nacht werden Gottesdienste gefeiert. Zuerst feiern die Griechen, dann Armenier und Kopten, dann beten nacheinander Griechen, Armenier und Lateiner das Mitternachtsgebet. Es folgt eine griechisch-orthodoxe Messe entweder am Heiligen Grab oder auf Golgotha, danach feiern wieder die Armenier und gegen vier Uhr morgens beginnen die katholischen Messfeiern.
Mit diesem Osterfest tritt für die Katholiken in der Grabeskirche eine eigene liturgische Ordnung dauerhaft in Kraft. Denn die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) zur Termingestaltung der Osterfeierlichkeiten konnten in der Grabeskirche aufgrund des "Status Quo" nie umgesetzt werden. In den vergangenen Jahren wurde erfolgreich eine Kompromisslösung getestet, die die Rechte der anderen Konfessionen nicht verletzt. Nach 2.000 Jahren gibt es doch noch Neues am Grab Jesu.
Sechs christliche Konfessionen teilen und verehren die Jerusalemer Grabeskirche
Symbol der Trennung und Einheit
Jedes Jahr zu Ostern rückt die heiligste Stätte der Christenheit in das Zentrum weltweiter Aufmerksamkeit: die Jerusalemer Grabeskirche. Ihr orthodoxer Name lautet "Anastasis" (Auferstehungskirche), sie ist das bedeutendste Heiligtum der Christenheit - und zugleich Symbol ihrer Zerrissenheit.
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