"Das war schon gespenstisch!" - so beschreibt Pallottinerpater Heinz Goldkuhle die Atmosphäre am Frankfurter Flughafen während des wochenlangen Lockdowns in der Corona-Pandemie. Wo sonst durchschnittlich 190.000 Fluggäste pro Tag abgefertigt wurden, klaffte gähnende Leere, so der katholische Flughafenseelsorger.
Nicht mehr ganz so leer war es nun zu Wochenbeginn, nachdem die Reisewarnung der Bundesregierung für die EU-Mitgliedstaaten aufgehoben worden war. Der Flughafen rechnete mit zunächst etwa 25.000 Passagieren pro Tag - was allerdings auch nur etwa 13 Prozent des früheren durchschnittlichen Aufkommens entspricht.
Schalter hinter Plexiglas und Maskenpflicht
Goldkuhles evangelische Kollegin Bettina Klünemann sagt, inzwischen sei Deutschlands größter Flughafen zwar "nicht mehr ganz so krass leer wie am Anfang der Corona-Krise". Die frühere inspirierende Stimmung und "das Leichte" seien aber verflogen, so die 55-jährige Pfarrerin. Alle Schalter sind nach Angaben des Flughafenbetreibers Fraport inzwischen mit Plexiglas-Abtrennungen versehen.
In den Terminals gilt eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Grüne Bodenmarkierungen weisen auf Mindestabstände in Wartebereichen hin. "Die wenigsten Passagiere sind derzeit unterwegs, weil sie dazu Lust haben", sagt Klünemann. Klassische Urlaubsziele gibt es auf den Anzeigetafeln bislang nur äußerst wenige - etwa Palma de Mallorca. Die Balearen sind eine Art Urlaubstestgebiet, in das zunächst knapp 11.000 deutsche Touristen reisen dürfen.
Seelsorge betrifft den ganzen Menschen, nicht nur die Seele
Unterdessen hat sich Klünemann seit März um Dutzende Menschen im Transitbereich des Flughafens gekümmert - und tut dies nach wie vor. "Wir haben jede Menge gestrandeter Passagiere", sagt die Theologin und Diplompsychologin. Viele, die vor Wochen in ein Flugzeug gestiegen seien, hätten unterschätzt, was das Wort "Grenzschließung" tatsächlich bedeute. Und so habe sich auch ihre Arbeit "nahezu komplett in den Transitbereich verlagert".
Und dort werden vor allem notwendige Dinge des alltäglichen Lebens gebraucht: Thermosbecher, Medikamente, Pflaster, Malstifte für Kinder, Decken, Feldbetten. "Seelsorge betrifft den ganzen Menschen, nicht nur die Seele", betont die evangelische Pfarrerin. Ohnehin sind coronabedingt alle neun Gebetsräume auf dem Flughafen bereits im März geschlossen worden - die drei christlichen, die drei muslimischen und die drei jüdischen. Pater Goldkuhle (69), der seit 2013 am Frankfurter Flughafen als Seelsorger arbeitet, wurde altersbedingt mehrere Wochen lang zum Homeoffice "verdonnert", wo ihm nur Mails und Telefonate blieben.
An seinem Beruf begeistert ihn normalerweise "das Bunte, Multinationale, Vielsprachige". Neben seelsorglichen Gesprächen mit Passagieren oder der Gestaltung von Trauerfeiern beim Tod von Flughafen-Mitarbeitern hatte er auch schon mit einem Piloten der Air Force One zu tun, der den früheren US-Präsidenten Barack Obama flog.
Ganz gut kennt er inzwischen den Vatikan-Diplomaten und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, den Goldkuhle mehrfach bei Begegnungen auf dem Frankfurter Airport traf. Parolin, die "Nummer Zwei" nach dem Papst, sah Goldkuhle dann im Juni 2019 in Rom wieder, als dort die Internationale Konferenz katholischer Flughafenseelsorger tagte. Rund 70 Teilnehmern etwa aus Atlanta, Hongkong, Mailand, Seoul, Lagos, Nairobi, London oder Warschau kamen zusammen. Im Oktober 2019 gab es dann eine ökumenische internationale Konferenz der Flughafenseelsorger im australischen Melbourne.
Stellenabbau schon in Planung
Auch im Frankfurter Airport sitzen die Teams der katholischen und evangelischen Flughafenseelsorge Raum an Raum, im Terminal 1, Abflughalle B. In diesen Tagen kehren auch die oftmals in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeiter des Flughafenbetreibers oder von Fluggesellschaften sukzessive wieder an ihre Arbeitsplätze zurück. Mehrere Shops und Restaurants haben wieder geöffnet. Rund 80.000 Menschen arbeiten normalerweise auf dem Frankfurter Flughafen, etwa 500 Unternehmen sind hier vertreten.
Doch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen viele Beschäftigte zittern. Der Flughafenbetreiber Fraport, der allein rund 22.000 Mitarbeiter hat, plant einen umfangreichen Stellenabbau. Von mehreren Tausend Stellen ist die Rede. "Viele Mitarbeiter erleben das als bedrohliche Situation für die eigene Existenz", sagt Klünemann. "Sie wissen, dass sie einen solchen Arbeitsplatz woanders nicht so einfach wiederfinden."