Seelsorger planen für OSZE-Außenministertreffen in Hamburg

"Meine Gemeinde ist dann die Polizei"

​Für alle Fälle stehen sie bereit. Für die kleinen und großen Probleme der 10.000 Polizisten, die Anfang Dezember die Außenministertagung der OSZE schützen. Dabei üben die Polizeiseelsorger auch für den G20-Gipfel im Juli.

Autor/in:
Marco Heinen
Polizeiseelsorge / © Caroline Seidel (dpa)
Polizeiseelsorge / © Caroline Seidel ( dpa )

Wenn am 8. und 9. Dezember der OSZE-Ministerrat in Hamburg tagt, dann werden die 57 Außenminister der Teilnehmerstaaten und ihre Diplomaten durch rund 10.000 Polizeibeamte geschützt. Einen Großeinsatz bedeutet das Treffen auch für die Polizeiseelsorge: "Das ist schon eine besondere Größenordnung. Bei anderen Einsätzen reichen ein oder zwei Seelsorger", erläutert der evangelische Pastor Patrick Klein.

Gemeinsam mit dem katholischen Diakon Marc Meiritz teilt sich Klein ein Büro in einem der oberen Geschosse des Hamburger Polizeipräsidiums. Die beiden sind zwei von fünf Polizeiseelsorgern, die für Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zuständig sind. "Das hier ist so eine Art Mini-Lagezentrum für Seelsorge gewesen in den letzten Wochen", erzählt Diakon Meiritz.

"Auf alles vorbereitet"

Denn auch die Seelsorger planen genau, wer wann und wo als Ansprechpartner für wen zur Verfügung stehen soll. Insgesamt wurden 25 evangelische Pastoren und katholische Pfarrer, Diakone und Pastoralreferenten für das OSZE-Treffen angefordert. Hinzu kommen 18 speziell ausgebildete Polizeibeamte von der Psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E), die im Schichtbetrieb bereitstehen, um die 6.000 Hamburger Polizisten und ihre 4.000 Kollegen aus anderen Bundesländern zu unterstützen.

Wobei die Hamburger Polizei bislang nicht von großen Krawallen ausgeht, wie deren stellvertretender Sprecher Ulf Wundrack sagt. Bis Anfang der Woche seien drei vergleichsweise kleine Demonstrationen angemeldet worden. Doch das ist kein Grund, nicht auf alles vorbereitet zu sein. "Die Polizeiseelsorger sind Part der gesamten Einsatzkonzeption", so Wundrack. Und schließlich ist es auch eine Art Probelauf für den großen Einsatz im Juli 2017, wenn die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrienationen mit ihren Ministern in Hamburg erwartet werden - und eher mit Großdemonstrationen und möglicherweise auch mit Krawallen zu rechnen ist.

Persönliche Krisenherde

Während nun im Dezember die Außenminister über die Krisen in der Welt sprechen, kümmern sich die Polizeiseelsorger um Krisenherde der Polizeibeamten. "Das müssen gar keine akuten Situationen sein, keine gewalttätigen Auseinandersetzungen", sagt Pastor Patrick Klein und nennt ein Beispiel: Wenn die Mutter etwa eines bayerischen Beamten plötzlich stirbt, während der Sohn in Hamburg Dienst schiebt, dann muss seine Betreuung sichergestellt sein. "Das würde dann der Polizeiseelsorger aus Bayern übernehmen, weil der am dichtesten dran ist an den Kräften und die Kollegen aus seinem Land kennt."

Ohnehin geht es nicht allein darum, große Probleme zu wälzen. "Wir werden da draußen in der Stadt unterwegs sein. Wir werden Einsatzkräfte besuchen, an den Absperrungen, vor den Hotels oder bei der Begleitung von Demonstrationszügen", erklärt Klein. Wenn an einer Absperrung stundenlang nichts los ist und die Beamten trotzdem wachsam bleiben müssen, dann belaste das ebenfalls. Und in solch einer Situation kann ein kleines Gespräch hilfreich sein. "Das sind zweieinhalb bis fünf Minuten Minimalintervention. Das reicht manchmal schon", sagt er.

Normaler Alltag läuft weiter

Doch nicht nur die Außenminister werden die Stadt in Atem halten, sondern die auch die "üblichen Verdächtigen": An den 24 Polizeiwachen der Stadt wird der ganz normalen Alltag weitergehen. "Auch da kann es passieren, dass ein Polizeibeamter im Einsatz betreut werden muss", erläutert Theologe Klein.

Und wie ist es generell, wenn es bei Großdemonstrationen zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten kommt? "Wenn ich in einer Demonstration bin und die Polizeikräfte begleite, denke und fühle ich als Polizeiseelsorger", sagt der Pastor. Und wenn Beamte beschimpft und angepöbelt würden, dann habe er auch keinen Beweggrund, mit den Demonstranten zu reden, sondern fühle sich allein für die Polizisten zuständig. "Dann bin ich Pastor meiner Gemeinde - und meine Gemeinde ist dann die Polizei."

 

Diakon Marc Meiritz und Pastor Patrick Klein  / © Marco Heinen (KNA)
Diakon Marc Meiritz und Pastor Patrick Klein / © Marco Heinen ( KNA )
Quelle:
KNA