Sekten-Experten warnen vor aggressiver Werbung von Scientology

"Ein Täuschungsmanöver"

Vor aggressiven Werbemethoden der umstrittenen Organisation Scientology hat die Sekten-Info Nordrhein-Westfalen gewarnt. Scientology versuche verstärkt durch Tarnorganisationen wie "Jugend für Menschenrechte" vor allem junge Menschen anzusprechen, sagte die Geschäftsführerin Sabine Rieden bei der Vorstellung des Jahresberichts 2008 am Freitag in Essen.

 (DR)

Über andere Vereine würden gezielt Schüler oder Drogenabhängige kontaktiert. Darüber hinaus versuche die vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation mittels Broschüren den Eindruck zu erwecken, gerichtlich als Religionsgemeinschaft anerkannt zu sein. "Das stimmt nicht und ist ein Täuschungsmanöver", so Rieden.

Im vergangenen Jahr hat es nach Angaben der Sekten-Info mehrere Missionierungsversuche von Scientologen an drogenabhängigen Strafgefangenen gegeben. Diese würden über die Organisation "Narconon" mit dem Versprechen einer früheren Haftentlassung oder der Aussicht auf einen Arbeitsplatz nach Verbüßung der Strafe angelockt. Zur Haftverkürzung habe die Organisation jedoch keine rechtlichen Mittel, und der Arbeitsplatz entpuppe sich meist als unentgeltlicher Job in einem Scientology-Büro. Weitere Problemfelder seien Anwerbeversuche von Auszubildenden durch Vorgesetzte, die Scientology-Mitglied sind.

Die Scientology Kirche widerspricht den Ausführungen der Sekteninfo Essen. So würden die u.a. auch von Scientologen unterstützten Vereinigungen auf dem Gebiet der Menschenrechte und Drogenprävention auf diesen Gebieten schlicht informieren.

Fünf Milliarden Euro für Geisterheiler
Als zweites großes Feld ihrer Arbeit bezeichnete Rieden die Beratung über esoterische Angebote. Auch Menschen, die Geistheiler oder Wahrsager aufsuchten, gerieten schnell in Abhängigkeit. In Deutschland würden pro Jahr fünf Milliarden Euro für Geisterheiler ausgegeben. Dringend notwendig sei eine Kontrolle durch die Gewerbeaufsichtsämter. Darüber hinaus beobachtet die Sekten-Info NRW Machenschaften der sogenannten Universalen Kirche, die mit Verschwörungstheorien etwa über Aids oder die Mondlandung auf sich aufmerksam mache. Die Mitglieder träten in Kutten auf, die denen des Franziskanerordens ähnelten.

Insgesamt hat die Sekten-Info 2008 laut Jahresbericht 850 Hilfesuchende mit Info-Material versorgt. In 477 Fällen war ein intensiverer Beratungsverlauf mit bis zu 25 Kontakten notwendig. Die Zahlen entsprächen denen des Vorjahres, hieß es. Sorgen bereitet Rieden eine bereits wirksam gewordene Kürzung von Zuschüssen. Die Sekten-Info NRW in Essen ist landesweit die einzige Stelle dieser Art. Sie wird unterstützt vom Land, den Städten Essen und Bochum und dem Bistum Essen.