Hunderte sorbische Frauen sind in ihrer Sonntagstracht mit reich verzierten Blumenstickereien gekommen. Rund 11.000 Gläubige, die meisten sorbischstämmig, feierten die Seligsprechung von Alois Andritzki, dem in Dachau ermordeten sorbischen katholischen Priester.
"Nicht nur ein Volk der Folklore, sondern mit inneren Werten"
"Ich bin froh, dass wir nun jemand aus unserem Kreis haben, der selig ist", sagt die Sorbin Monika Neubert, die vor der Kathedrale die Seligsprechung mitverfolgt. Somit könne alle Welt sehen, dass die Sorben "nicht nur ein Volk der Folklore, sondern mit inneren Werten" sind, die ihre Tradition leben, ergänzt die 60-Jährige aus Hoyerswerda. Sie ist in der Festtagstracht erschienen - allerdings ohne die dazugehörige Jacke, die trage heute ihre Enkelin vorne am Altar.
Wie weitere 70 sorbische Mädchen wurde ihre Enkelin als Druschka, also "Ehrenjungfer", gekleidet. Als Druschkas sind an diesem heiteren Pfingstmontag auch Gisela (16) und Luzia (18) Haschke erschienen. Über der mit Stickblumen verzierten Bluse tragen sie eine Kette mit eingearbeiteten Münzen. Die beiden Teenager aus Wendischbaselitz wollten die Seligsprechung von Andritzki unbedingt persönlich mitverfolgen. Sie nennen den 1943 im KZ ermordeten Priester "einen guten Freund", er war Sorbe, Christ und auch noch Jugendlicher, Dinge, die verbinden", sagt Luzia.
Prälat Scheipers verfolgt Seligsprechung seines KZ-Mithäftlings
In der ersten Reihe sitzt beim Gottesdienst derweil Prälat Hermann Scheipers (97). Ihn verbindet mit Alois Andritzki insbesondere das KZ Dachau, das er jedoch anders als sein sorbischer Amtsbruder überlebt hat. "Ich bin freudig überrascht, dass das hier möglich ist", sagt der 97-jährige Geistliche. Neben ihm sitzt der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Der Politiker, der wie Andritzki Sorbe und Katholik ist, beteiligte sich mit einer Fürbitte in seiner Muttersprache an der Messe.
12 Jahre dauerte das offizielle Seligsprechungsverfahren, doch unter den Sorben wurde Andritzki schon lange vorher als Märtyrer geehrt: "Alojso, martrajo", lautet der Refrain eines Lieds über den nun Seligen. Andritzki stammte aus Radibor in der sächsischen Oberlausitz. Er kam wegen seiner christlich motivierten Kritik am Nationalsozialismus ins Konzentrationslager Dachau. Dort starb er am 3. Februar 1943 durch eine Giftspritze. Dieser Tag ist nun auch sein Gedenktag.
Ausmalvorlage mit Andritzki-Portrait
In der Radiborer Kirche erinnert heute eine Glasmalerei an den Seligen. Jenes Andritzki-Portrait wurde als Ausmalvorlage für junge Gottesdienstbesucher von Messdienern verteilt. Die neunjährige Afra Schicker macht sich mit Buntstiften ans Werk. Auf ihrem Bild trägt der KZ-Häftling ein blaues, fast schon sportliches Hemd. In einem sportlichen Anzug sieht auch Jan Rohor Alois Andritzki, wenn er an den nun Seligen denkt. Der 33-Jährige trägt eine Fahne des sorbischen Sportverbandes "Serbski Solkol".
"Für mich ist Andritzki in erster Linie Sportler und ein Vorbild in sportlicher Hinsicht", sagt der Hobby-Fußballer. Andritzki sei aktiver Sportler im Sokol-Verband gewesen, erzählt Rohor stolz. Auch bei der Seligsprechungsfeier wurde ein Fußball als Symbol für dessen Sportbegeisterung von Kindern vor die Urne des Seligen gelegt. Bei der anschließenden Übertragung der Andritzi-Reliquien in einen Seitenaltar der Dresdner Kathedrale musste der Fußball aber draußen bleiben.