Bericht über Gewalt in Kinderheimen im Bistum Augsburg

Sexualisierte, körperliche und seelische Gewalt

Die Projektgruppe zur Aufklärung von Gewalt in zwei kirchlichen Kinderheimen im Bistum Augsburg hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Es geht um das Josefsheim Reitenbuch und das Marienheim Baschenegg im Landkreis Augsburg.

Symbolbild Missbrauch / © TetianaDov (shutterstock)

Beide befinden sich in Trägerschaft des katholischen Vereins Christliche Kinder- und Jugendhilfe. Zwischen 1950 und 2004 hätten dort unter anderen Geistliche und Ordensschwestern der Dillinger Franziskanerinnen Taten verübt, teilte die Projektgruppe in Augsburg mit. Es habe sexualisierte, körperliche und seelische Gewalt gegeben.

Die größtenteils mit externen Juristen besetzte Projektgruppe war im Dezember 2019 vom damaligen Diözesanadministrator und jetzigen Bischof Bertram Meier eingesetzt worden. Elementarer Bestandteil der Aufklärungsarbeit waren laut der Gruppe seither die Schilderungen von 36 ehemaligen Heimkindern und Zeitzeugen. Schriftliche Aufzeichnungen gebe es keine, die Beschuldigten hätten überwiegend nicht angehört werden können.

Fall Reitenbuch

Es stehe fest, dass in Reitenbuch zumindest zwei von drei beschuldigten Hausgeistlichen zwischen 1966 bis 1973 strafbare sexuelle Gewalt ausgeübt hätten. Überdies habe es zwischen 1964 und 1978 wiederholt strafbaren sexuellen Missbrauch durch drei Mitarbeiter und einen Nachbarn des Heims gegeben. Ferner habe zwischen 1965 und 1995 sexuelle Gewalt durch ältere Heimbewohner existiert. In Baschenegg hätten zwischen 1995 und 2004 ältere Heimkinder sexuelle Gewalt ausgeübt.

Außerdem habe es in Reitenbuch und mit Abstrichen in Baschenegg teils schwere körperliche und psychische Gewalt gegeben, etwa Schläge und Schlafentzug. Unter anderen Hausgeistliche und Ordensschwestern seien dafür verantwortlich gewesen.

Systemische Gründe

Der Abschlussbericht nennt mehrere "systemische Gründe" für die Gewalt. Zum Beispiel sei ungeklärt gewesen, wer für die Hausgeistlichen verantwortlich gewesen sei. "Vormund und Pfleger haben in diesen Fällen ausnahmslos versagt, ebenso die präventive Heimaufsicht."

Der Bericht rät nun für die Heime unter anderem zu unabhängigen externen Anlaufstellen für von sexueller Gewalt betroffene Kinder und sexualpädagogischen Konzepten. Nötig sei zudem die Bereitschaft zu finanziellen Leistungen in Anerkennung des Leids. "Empfohlen wird darüber hinaus ein Schuldeingeständnis der Dillinger Franziskanerinnen und der Christlichen Kinder- und Jugendhilfe."

Die Ordensgemeinschaft teilte dazu später mit, man sei über die "glaubhaften Zeugnisse" ehemaliger Heimkinder "zutiefst betroffen und beschämt". Man übernehme "die Verantwortung für das vielfache Leid" und bitte die Opfer um Verzeihung. Schon seit 2010 habe man indes mit vielen Betroffenen gesprochen und auch Entschädigungen in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrags geleistet. Zudem habe man für Fälle sexueller oder körperlich-psychischer Gewalt zwei unabhängige Ansprechpersonen benannt. Man wolle den seit 2010 stattfindenden persönlichen Dialog fortsetzen und weiter Wiedergutmachung leisten.

 

Bischof Bertram Meier / © Dieter Mayr (KNA)
Bischof Bertram Meier / © Dieter Mayr ( KNA )
Quelle:
KNA