Rörig drängt auf mehr Wachsamkeit nach Missbrauchsfall Münster

"Sexueller Missbrauch hat pandemische Ausmaße"

In Münster haben Ermittler schwere Missbrauchsfälle aufgedeckt. ​Der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, drängt auf mehr Wachsamkeit und bessere Vorbeugung.

Ermittlungen nach schwerem Missbrauch in Münster / © Marcel Kusch (dpa)
Ermittlungen nach schwerem Missbrauch in Münster / © Marcel Kusch ( dpa )

"Die betroffenen Kinder haben ein soziales Umfeld. Sie haben Nachbarn, gehen in Kitas, Schulen oder Sportvereine", sagter er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag): "Es kann nicht sein, dass nie jemand etwas bemerkt haben will."

Neben wirksamen Strafverfolgungsinstrumenten brauche es dringend mehr Anstrengungen "bei Prävention und der breiten Sensibilisierung und Aufklärung unserer Gesellschaft", forderte Rörig weiter: "Der Kampf gegen sexuelle Gewalt muss als nationale Aufgabe verstanden werden. Ich erwarte, dass das Thema bei allen Entscheidungsträgern in der Politik endlich ankommt und dort als Querschnittsthema überall mitgedacht wird."

Jährlich zehntausende Kinder betroffen

Trotz der Corona-Pandemie müsse der Kampf mit maximalem Einsatz weitergeführt werden, so der Bundesbeauftragte weiter. Auch sexueller Missbrauch habe "pandemische Ausmaße. Es trifft jährlich Zehntausende von Kindern und erschüttert damit die Grundfesten unserer Gesellschaft."

Mit Blick auf die Verbreitung von Fotos und Filmen im Internet erklärte Rörig weiter, Missbrauchstäter seien oft gut vernetzt, gut organisiert und den Ermittlungsbehörden technisch sehr oft voraus: "Wir brauchen deshalb bundesweit eine personell gut ausgestattete Polizei, die ihrerseits mit modernster Ermittlungstechnik ausgestattet ist."

 

 

"Verstärkter Einsatz künstlicher Intelligenz"

Der Bundesbeauftragte drängte zudem auf "eine Schärfung der Ermittlungsinstrumente wie die EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen". Außerdem sprach er sich für den verstärkten Einsatz künstlicher Intelligenz gegen Missbrauchsabbildungen im Netz aus.

Mit Festnahmen und Durchsuchungen in mehreren Bundesländern war die Polizei zuvor gegen ein Netzwerk vorgegangen, das für schweren sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie verantwortlich sein soll. Festgenommen wurden elf Beschuldigte aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg, wie Polizei und Staatsanwaltschaft Münster mitteilten.

Die mutmaßlichen Täter sollen über Jahre hinweg Kinder missbraucht und die Taten gefilmt haben. Hauptbeschuldigter ist ein bereits mehrfach vorbestrafter 27-jähriger Mann aus Münster.


Johannes-Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung / © Harald Oppitz (KNA)
Johannes-Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA