Ordensfrauen bemängeln Diskriminierung bei Microsoft-Technik

Shareholder-Aktivismus im Namen Gottes

Ordensfrauen treten als streitbare Aktionäre auf - so jüngst beim Softwarekonzern Microsoft geschehen. Angeprangert wurden Diskriminierung in der Gesichtserkennungstechnik und der Lobbyismus des Unternehmens.

Autor/in:
Tina Lassiter
Eine Frau wird von einer Gesichtserkennungssoftware erkannt. / © Axel Bueckert (shutterstock)
Eine Frau wird von einer Gesichtserkennungssoftware erkannt. / © Axel Bueckert ( shutterstock )

Es war sicher ein ungewöhnlicher Auftritt, den die Teilnehmer der diesjährigen Jahreshauptversammlung des Software-Giganten Microsofts miterleben konnten: Mit einer professionellen Videobotschaft schaltete sich Schwester Susan Francois vom Orden St. Joseph of Peace in die Veranstaltung ein und präsentierte gleich zwei Aktionärsanträge zu Microsofts Gesichtserkennungstechnologie und dem Lobbyismus der Sicherheitsbranche. Inhalt ist die Diskrepanz zwischen Microsofts erklärten Grundsätzen und Werten und gegensätzlichen von Microsoft unterstützten Lobbyaktivitäten, insbesondere in Bezug auf die Weitergabe der Technologie an den Staat.

Gegen Diskriminierung durch Gesichtserkennungstechnologie

Schwester Susan sprach im Namen einer Gruppe von Microsoft-Aktionären, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Ihr Orden ist Teil der Gruppe. Konkret stellte sie die folgenden Anträge: Zum einen solle der Technologiekonzern offenlegen, wie seine Lobbyismus-Aktivitäten mit seinen Grundwerten vereinbar seien. Zum anderen solle Microsoft den Verkauf von Gesichtserkennungstechnologie an alle staatlichen Stellen verbieten.

Tatsächlich belegten auch wissenschaftliche Studien, dass der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie zu Diskriminierungen führen könne. So zeige eine Arbeit der Forscherinnen Joy Buolamwini und Timnit Gebru von 2018, dass insbesondere dunkelhäutige Personen oft weniger gut erkannt werden als weiße. Die Weitergabe von Daten an staatliche Stellen zur Strafverfolgung oder in der Einwanderungspolitik könne in solchen Fällen problematisch sein.

Viele Unternehmen haben sich angesichts dieser Probleme dazu entschlossen, die Nutzung von Gesichtserkennungstechnologien einzuschränken. Auch Microsoft gehört dazu und hat im Juni 2020 bekannt gegeben, diese nicht mehr an die Polizei zu veräußern, solange es keine gute gesetzliche Regelung gäbe. Das Unternehmen geht damit weiter als andere.

Microsoft sieht bestehtendes Regelwerk als ausreichend an

Doch Schwester Susan und ihre Mitstreiter haben Bedenken. Obwohl Microsoft öffentlich behauptet, die Technologie zur Gesichtserkennung nicht an Organisationen weiterzugeben, die diese für sogenanntes Racial Profiling - also ein Agieren, etwa der Sicherheitsbehörden, rein aufgrund äußerlicher Merkmale - nutzen könnten, unterstütze Microsoft weiterhin Lobbyisten, die sich gegen gesetzliche Einschränkungen wehrten.

Der Konzern lehnt die Forderungen der Schwestern vehement ab. Justitiar Hossein Nowbar sieht die Vorschläge als unnötig an, da die bestehenden internen Regelwerke und Offenlegungen durch Microsoft reichten. Sie seien genügend transparent und genügten Rechenschaftspflichten. Dies beinhalte auch die Ausgaben für Lobbyisten. Dennoch wolle das Unternehmen ab 2022 noch einen Schritt weitergehen und einen neuen Jahresreport veröffentlichen, der politische Ausgaben und die politische Agenda genauer darlegen würde.

Die Vorschläge der Aktionärsgruppe wurden letztendlich beide abgelehnt. Trotzdem wertet Schwester Susan die Abstimmung als Erfolg. Ihr Antrag hinsichtlich der Lobby-Aktivitäten erhielt 38 Prozent Zustimmung. Ein hoher Wert für vergleichbare Vorschläge. Auch die Resonanz in den Medien und sozialen Netzwerken war für sie positiv.

Microsoft hat sich mit Schwester Susan nicht direkt in Verbindung gesetzt. Die Ordensfrau hofft jedoch, dass ihre Aktion Aufmerksamkeit erregt hat und es zu zukünftigen Dialogen kommen wird. Zu beobachten bleibt, inwieweit Microsoft in seinen neuen Jahresberichten darlegen wird, dass es seine Werte auch in der Praxis umsetzt.

Orden engagiert im Sozial-Aktivismus

Schwester Susan hat Erfahrung mit Sozial-Aktivismus. Sie war Teil der "Nonnen im Bus", die zu Trumps Zeiten durch die USA fuhren um für Steuergerechtigkeit zu werben. Zusätzlich bekannt wurde sie durch ihre täglichen Gebete, die sie per Twitter an Präsident Trump geschickt hat. Auch ihr Orden ist bekannt für seine Vorstöße im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit. Er wurde gegründet, um Frieden durch Gerechtigkeit voranzubringen.

Zukünftige Projekte der Schwestern sind klimaneutrale Investitionen und Investitionen für sozialen Fortschritt. Bei alledem wollen sie weiterhin den Dialog mit Unternehmen wie Microsoft suchen und dafür auch zukünftig nicht vor öffentlichen Auftritten bei Aktionärsversammlungen zurückschrecken.


Quelle:
KNA