DOMRADIO.DE: Aber wenn ein Papst den Vatikan verlässt und ins Ausland reist, dann erregt das natürlich jede Menge Aufmerksamkeit. In München ist Benedikt gelandet, dann nach Regensburg weitergefahren. Kann das denn funktionieren, diese Reise unter dem Radar der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen?
Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte): Nein, im Grunde nicht. Es ist immer nur eine Zeitfrage, bis das bekannt wird. Das haben wir ja jetzt auch gesehen. Es war nur diesmal verwunderlich, dass es so lange gedauert hat. Normalerweise hätten wir schon viel früher davon erfahren, dass er unterwegs ist nach Deutschland. Das ist auch schon eine Leistung des Sicherheitsapparates, dass das so gelungen ist.
DOMRADIO.DE: Neun Jahre ist es her, dass Benedikt zum letzten Mal in Deutschland war. Auch nach seinem Rücktritt 2013 war er ja tatsächlich nie wieder in seiner alten Heimat. Was weiß man über diese Reise jetzt?
Nersinger: Es ist natürlich die Krankheit des Bruders, die doch darauf schließen lässt, dass der Zustand des Bruders doch sehr ernst ist. Sonst hätte sich Benedikt XVI. nicht entschlossen, nach Deutschland zu fliegen.
DOMRADIO.DE: Wie eng ist das Verhältnis von Benedikt und seinem drei Jahre älteren Bruder Georg?
Nersinger: Sehr, sehr eng. Das ist aber auch bei der ganzen Familie immer gewesen. Die Geschwister Ratzinger, die beiden Brüder und ihre Schwester, waren immer sehr, sehr eng. Und man konnte das sehen im Jahre 1991, als die Schwester von Kardinal Ratzinger damals starb. Wie sehr es dem Bruder getroffen hat, das hat ihn doch sehr, sehr stark mitgenommen.
Ich denke, dass die Sorge jetzt um den kranken, erkrankten Bruder Georg so groß gewesen ist, dass er sich dazu entschlossen hat, trotz der eigenen, schwächlichen Gesundheit den Weg nach Bayern anzutreten.
DOMRADIO.DE: Benedikt ist selber 93 Jahre alt. In diesem Alter ist natürlich jede Reise sehr beschwerlich. Weiß man denn, wer ihn begleitet?
Nersinger: Erzischof Gänswein, dann die Leute, die ihn auch in seinem Domizil versorgen und dann natürlich auch das Sicherheitspersonal - an der Spitze der Vizekommandant der vatikanischen Gendarmerie. Das ist so die Equipe, die ihn heute begleitet.
DOMRADIO.DE: Wie lange Benedikt in Regensburg bleiben wird ist aktuell nicht bekannt. Was denken Sie, wird es gelingen, Benedikt auf dieser sehr privaten Reise ein bisschen abzuschirmen oder werden wir doch noch mehr erfahren?
Nersinger: Das bezweifle ich. Ich weiß, dass jetzt schon Journalistenkollegen weg sind, auch aus der Boulevardpresse. Man wird natürlich mit allen Möglichkeiten versuchen, an Bilder heranzukommen oder an Leute heranzukommen, die sich im Umkreis des Papa Emeritus bewegen, um sie zu interviewen. Das ist ganz natürlich, und da sind auch die Journalisten sehr, sehr findig.
Und da befürchte ich, dass der Aufruf der Diözese Regensburg, da die Privatsphäre zu wahren, zwar nicht ganz negiert wird, aber ich denke, dass die Gefahr besteht, dass man doch versucht, irgendwie an nähere Informationen heranzukommen.
Das Gespräch führte Verena Tröster.