Solidaritätsbekundungen zum jüdischen Neujahrsfest

"Für uns alle beschämend"

Im Namen der katholischen Kirche in Deutschland verurteilt Erzbischof Zollitsch die jüngsten antisemitischen Übergriffe. "Es ist für uns alle beschämend, dass Menschen angepöbelt, beleidigt und geschlagen werden, weil sie Juden sind", schreibt der Freiburger Erzbischof in einer Grußbotschaft zum bevorstehenden jüdischen Neujahrsfest. Auch Bundespräsident Gauck betont kurz vor dem Feiertag: "Jüdischer Glauben und jüdische Lebenspraxis sind Teil unserer Kultur."

 (DR)

Erzbischof Zollitsch reagierte mit seiner Grußbotschaft auf den Anschlag auf den Berliner Rabbiner Daniel Alter, der von vier Jugendlichen zusammengeschlagen wurde, sowie auf verbale Angriffe auf Schüler einer Berliner jüdischen Grundschule. "Die antisemitischen Angriffe treffen nicht nur die jüdische Gemeinde, sondern ebenso das Zusammenleben der Gesellschaft." Es sei die gemeinsame Aufgabe, Respekt und Verständnis zu fördern und denen, die Vertrauen zerstörten, entschieden entgegenzutreten.



"Mangel an Respekt und Verständnis"

Zudem sieht Zollitsch in der derzeitigen Beschneidungsdebatte einen "Mangel an Respekt und Verständnis". Zwar sei es in einer freien Gesellschaft nicht ungewöhnlich, dass über religiöse Rituale und Gebote kontrovers debattiert werde. "Doch der Eifer, mit dem über die Beschneidung von Jungen gestritten wird, und die Häme und Verachtung, mit denen bisweilen über die vermeintlich archaischen biblischen Gebote gesprochen und geschrieben wird, sind nicht nur irritierend, sondern verletzend", erklärte der Erzbischof.



Das Beschneidungsurteil war auch Thema eines Treffens von Zollitsch mit dem israelischen Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, am Donnerstag. Wie die Bischofskonferenz im Anschluss mitteilte, stimmten Zollitsch und der israelische Botschafter darin überein, dass es eine gesetzliche Regelung der Beschneidung geben müsse, die den Auffassungen der Religionsfreiheit genüge.



Bundespräsident ruft zur Wachsamkeit auf

Er sei "bestürzt, traurig und erzürnt" darüber, dass kürzlich jüdische Menschen bedroht und angegriffen worden sind, weil sie Juden sind, heißt es in dem Grußwort von Bundespräsident Joachim Gauck zum Neujahrsfest Rosch Haschana. "Das ist ein beschämender Vorgang, der alle Menschen guten Willens in unserem Land empört." Solche Untaten müssten streng verfolgt und bestraft werden.



Der Bundespräsident ruft zur Wachsamkeit auf, "aber Angst darf und braucht uns nicht zu lähmen". Er verweist auf die wachsenden jüdischen Gemeinden in Deutschland, sie seien lebendig. "Jüdisches Leben blüht." Es gebe viel Engagement, gerade auch in der jüngeren Generation.



Zugleich wisse er, dass viele Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland mit Unsicherheit in die Zukunft schauten. Manche sorgten sich sogar um die Zukunft des jüdischen Lebens in Deutschland. "Auch wenn ich eine solche Sorge verstehen kann, so teile ich sie doch nicht", betont Gauck. Ohne direkt auf die Debatte um Beschneidungen einzugehen, betont Gauck: "Für mich ist vollkommen klar und eindeutig: Jüdisches Leben gehört zu Deutschland - heute und in Zukunft. Jüdische Gemeinden sind Teil unserer Gesellschaft und jüdischer Glauben und jüdische Lebenspraxis sind Teil unserer Kultur. Das ist selbstverständlich. Das muss selbstverständlich bleiben."



Beim jüdischen Neujahrsfest, das zwei Tage dauert und nach dem jüdischen Kalender auf den 1. und 2. Tischri fällt, erinnern Juden an den Anfang der Schöpfung sowie an den Bund zwischen Gott und Israel. An das Fest, das in diesem Jahr am 17. und 18. September begangen wird, folgen zehn Tage der Einkehr und Buße. Daran schließt sich Jom Kippur, der Versöhnungstag, an.