Sotschi bereitet sich auf die Winterspiele vor

Zwischen Strand und Bergen

In genau sieben Tagen beginnen im russischen Sotschi die Olympischen Winterspiele. Im Vorfeld kam es wiederholt zu Terroranschlägen im Kaukasus. Die Menschen vor Ort seien jedoch nicht besorgt, sagt Bischof Clemens Pickel im domradio-Interview.

Sotschi putzt sich heraus (dpa)
Sotschi putzt sich heraus / ( dpa )

domradio.de: Wie groß ist denn jetzt die Vorfreude bei den Menschen in Russland vor den Spielen, oder anders gefragt, ist den meisten Olympia eher egal oder haben sie möglicherweise sogar eher Sorge vor den Spielen?

Bischof Clemens Pickel: Egal ist es den Leuten sicher nicht. Vorfreude ist vielleicht ein Wort, das eher zu Weihnachten passt, aber die Leute sind gespannt. Es wird ja schon lange und ausgiebig vorbereitet, sodass also wirklich viel Interessantes und Schönes zu erwarten ist. Wir sind praktisch Gastgeber für die ganze Welt, und das gibt natürlich so ein bisschen ein besonderes Selbstwertgefühl.  

domradio.de: Werden Sie selbst auch zu den Spielen reisen?

Bischof Pickel: Ich fahre nicht, aber nicht aus irgendwelchen Protestgründen oder sowas, wie die Leute im Westen immer schreiben, sondern ich schaffe es zeitlich nicht. Sotschi ist zwar in meinem Bistum, aber liegt 1520 Kilometer von hier weg. Ich bräuchte zwei Tage um da hinzukommen.

domradio.de: Es wurde gerade hier in Deutschland viel über die Lage der Menschenrechte in Russland diskutiert, insbesondere direkt in der Vorbereitung der Spiele. Ist das denn auch Thema bei den Menschen?

Bischof Pickel: Natürlich haben sie von den Terroranschlägen in Wolgograd gehört. Die Leute sind besorgt. Es klingt vielleicht hart oder grob, wenn ich es so sage, aber ein bisschen sind die Leute diese ganzen Terrorgeschichten hier leider gewöhnt und leben damit. Es gibt andere Länder auf der Welt, wo es genauso ist oder schlimmer, viel schlimmer.

domradio.de: Gerade von den Mannschaften oder Nationen, die anreisen, gibt es viele Athleten, die Angst haben. Dem US-Team wurde zum Beispiel geraten, außerhalb der Wettbewerbe keine Kleidung mit US-Flagge zu tragen.  

Bischof Pickel: Ich denke das spielt keine Rolle. Im Gegenteil, unsere Leute freuen sich hier über Ausländer. Ich denke die Angst im Ausland ist übertrieben.

domradio.de: Im Vorfeld war viel die Rede von Gigantismus, von den "Putin"-Spielen. Haben denn diese zwei Wochen Olympia, und danach nochmal zwei Wochen Paralympische Spiele, das Zeug dazu, ein bisschen auch das russische Image wieder aufzupolieren?

Bischof Pickel: Das ist normal bei der Olympiade, denke ich. Gucken Sie sich die anderen Länder an, wo Olympische Spiele gewesen sind, z.B. in China. Das ist immer Gigantismus. Leider wird der Sport, denke ich, manchmal auch missbraucht um sich darzustellen, aber wahrscheinlich muss man sagen, das ist menschlich und gehört dazu.

domradio.de: Sotschi ist die erste subtropische Stadt, die Winterspiele austrägt. Vielleicht können Sie uns noch ein bisschen darüber berichten, wie es in Sotschi aussieht?

Bischof Pickel: Sotschi ist eine Stadt, die 100 Kilometer lang ist. Das hat damit zu tun, das Chruschtschow irgendwann mal in Amerika war und San Francisco gesehen hat. Er wollte dann wohl auch so eine Stadt am Meer, die so riesig sich am Strand langstreckt, und hat also eine Ortschaft mit der anderen verbunden, und alles heißt heute Sotschi. Subtropisch heißt tatsächlich, da gibt es Palmen unten am Meer, aber man kommt relativ schnell hoch in die Berge. Da liegt auch im Frühsommer noch Schnee, das habe ich selber oft schon erlebt. Es ist was ganz Besonderes, schon in Sowjetzweiten war das ein Prestige-Urlaubsort nur für ganz besondere Leute. Wenn ich die armen Leuten hier bei uns in den Dörfern tief drin in der Steppe vergleiche mit der katholische Gemeinde in Sotschi, dann ist das ein Gefälle innerhalb eines Bistums, das man sich kaum vorstellen kann.

domradio.de: Würden Sie sagen, es ist nur logisch, dass Sotschi die Winterspiele bekommen hat, weil es sowieso schon so eine besondere Stadt war?

Bischof Pickel: Es gibt natürlich Voraussetzungen, die wir sonst nirgendwo haben. Es ist nicht allzu weit drin im Land. Ich habe gerade gestern einen russischen Kommentar dazu gehört, mit der Frage 'Warum machen die das nicht im Altai-Gebirge?' – also hinten in Sibirien an der chinesischen Grenze. Dort ist der Schnee viel sauberer und die Berge sind viel höher. Sotschi ist noch Europa, es ist leichter für viele Länder zu erreichen, und es ist praktisch noch ein Vorzeigeort mit dem man angeben kann.

domradio.de: In einer Woche geht es los. Präsident Putin hat gesagt 'Russland soll mit all seinen Facetten und Möglichkeiten' präsentiert werden. Worauf können wir uns also einstellen?

Bischof Pickel: Ich bin selber gespannt, selbst auf die Eröffnung. Es wird nichts geben, was nicht im Fernsehen übertragen wird. Ich kann aus katholischer Richtung nur sagen, dass wir in allen drei olympischen  Dörfern einen kleinen Gottesdienstraum haben. Wenn unter ihren Hörern Leute sind, die nach Sotschi fahren zu den Olympischen Winterspielen, dann können sie ohne weiteres zur katholischen Kirche kommen und sonntags zum Gottesdienst. Da gibt es in den Tagen der Olympischen Spiele genug ausländische Priester, die alle möglichen Sprachen sprechen.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Am 7. Februar beginnen die Olympischen Spiele in Sotschi (dpa)
Am 7. Februar beginnen die Olympischen Spiele in Sotschi / ( dpa )
Quelle:
DR