Soziale und ökologische Bilanz von Blumen zum Muttertag

Mit Blumen eine Freude machen

Schnittblumen sind schön, aber nicht notwendig. Stattdessen sind sie oft umweltschädlich, mit Pestiziden belastet und durch ausbeuterische Arbeitsbedingungen hergestellt. Wie kann man trotzdem mit Blumen eine Freude machen?

Autor/in:
Nicola Trenz
Symbolbild Blumen und eine selbstgemalte Karte zum Muttertag / © hine.graphics (shutterstock)
Symbolbild Blumen und eine selbstgemalte Karte zum Muttertag / © hine.graphics ( shutterstock )

"Muttertag ist neben Weihnachten und Valentinstag die umsatzstärkste Zeit im Jahr", sagt Yvonne Meyer. Inmitten von Vasen mit bunten Schnittblumen, Blumenkränzchen und Gestecken bereitet die Floristin das Tagesgeschäft eines Blumenladens in Bonn vor. 

Etwa drei Milliarden Euro gaben die Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr für Schnittblumen aus. Vielleicht, um damit "Danke", "Entschuldigung" oder "Ich liebe dich" zu sagen; vielleicht, um ein bisschen Natur in der Wohnung zu haben; vielleicht, um sich selbst eine Freude zu machen.

Falsche Vorstellungen?

Blumen machen zweifellos das Leben schöner. Während bei Kaffee, Obst und Eiern derweil Überlegungen zu Lieferketten, Klimafolgen oder Tierwohl zumindest zu einem Teil die Kaufentscheidung beeinflussen, lassen sich viele beim Blumenkauf ungern die Freude trüben durch Gedanken an Umweltverschmutzung und Arbeiterausbeutung. "Ab und an fragen mal Kunden nach Umweltaspekten, aber es kommt selten vor", berichtet Blumenhändlerin Meyer.

Ein Blumenstraßen als Symbolbild für den Muttertag. / © Robert Michael (dpa)
Ein Blumenstraßen als Symbolbild für den Muttertag. / © Robert Michael ( dpa )

Fragt man eine Fachfrau für Zierpflanzenbau wie die Osnabrücker Wissenschaftlerin Janine Berg, wird schnell deutlich, wie schwierig Fragen nach dem ökologischen und sozialen Fußabdruck von Blumen sind. Wer zum Beispiel - passend zum Image - annimmt, dass viele Blumen auf dem deutschen Markt aus Holland kommen, liegt richtig - und auch falsch.

Keine verpflichtende Herkunftskennzeichnung 

Laut Statistik werden mit riesigem Abstand zu allen anderen Ländern die meisten Schnittblumen nach Deutschland aus den Niederlanden importiert. Aber: "Die Niederlande produziert zwar auch selbst Blumen, ist aber oft auch nur der Zwischenhändler. Dort kommen Blumen aus anderen Ländern an, vor allem aus Afrika, und werden nach Deutschland weiterverkauft", erklärt Berg. Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung wie bei Obst und Gemüse gibt es für Blumen nicht.

Rund ein Fünftel der in deutschen Vasen stehenden Blumen ist in Deutschland geerntet, sagt Berg. Für den Kauf von in Deutschland oder den Niederlanden produzierten Blumen spreche, dass sie keine allzu weiten Wege hinter sich haben. Laut Berg liegen Vorteile auch in den in beiden Ländern gängigen Anbauformen. Die Bewässerung sei dort oft effizient geregelt, so dass es wenig Wasser- und Nährstoffverluste gibt. "Tendenziell ist dadurch auch ein reduzierter Einsatz von Düngemitteln möglich; und in Deutschland kann Pflanzenschutz vielfach auch mit biologischen Mitteln erfolgen, zum Beispiel mit Nützlingen", sagt Berg.

Viel Energie für die Kultivierung benötigt

Zwar verursachen diese Blumen durch kürzere Transportwege weniger Ausstoß von Treibstoffgasen, brauchen dafür aber für die Herstellung viel Energie: Gerade in den Niederlanden werden laut Berg das ganze Jahr hindurch Blumen in Treibhäusern kultiviert, die geheizt und beleuchtet werden. "In Deutschland ist das teilweise ein bisschen anders, dort lassen manche Blumenerzeuger Rosen über den Winter auch im Boden ruhen, sie treiben dann in der wärmeren Jahreszeit wieder aus."

Kalte Winter kennen in afrikanischen Ländern produzierte Blumen nicht. Sie wachsen dort unter Folientunneln und werden ganzjährig geerntet. Das größte Schnittblumen-Produktionsland in Afrika ist mit Abstand Kenia, gefolgt von Äthiopien und Sambia. Berg erklärt: "Rosen und andere Blumen ohne lange Haltbarkeit werden mit dem Flugzeug nach Europa transportiert; in Afrika kommen noch häufig chemische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, und außerdem müssen die Arbeitsbedingungen vor Ort kritisch hinterfragt werden".

In Kenia ist der Export von Pflanzen einer der wichtigsten Wirtschaftszweige und bringt somit Arbeitsplätze und Geld. Gleichzeitig verbraucht der Anbau Wasser und landwirtschaftliche Flächen in einem Land, in dem laut der Welthungerhilfe im vergangenen Jahr mehr als ein Viertel der Bevölkerung unterernährt war.

Was zeigen verschiedene Siegel? 

Selbst für Fachfrau Berg ist es nicht möglich, seriös einen Rat zu geben, ob der Muttertagsstrauß besser aus europäischen Gewächshäusern oder afrikanischem Anbau kommen sollte. "Es sind wirklich ganz unterschiedliche Anbauformen, und es ist sehr schwierig, alle Faktoren gegeneinander abzuwägen."

Kinder mit Blumen und Geschenken zum Muttertag / © Sergii Sobolevskyi (shutterstock)
Kinder mit Blumen und Geschenken zum Muttertag / © Sergii Sobolevskyi ( shutterstock )

Ein wenig Orientierung im Dickicht der Pflanzenproduktion bieten Siegel, wenngleich sie bei Blumen nicht so verbreitet sind wie bei Lebensmitteln. Die beliebteste Blume der Deutschen ist die Rose. Sie kommt oft aus Ländern des Globalen Südens. 

Etwa ein Drittel der verkauften Rosen trägt laut Fairtrade das Fairtrade-Siegel. Damit muss die Lieferkette der Blumen gewisse Standards einhalten: Zum Beispiel dürfen keine stark gesundheitsgefährdenden Chemikalien zum Einsatz kommen, und die Beschäftigten müssen Schutzkleidung bei der Arbeit mit Pestiziden bekommen. Außerdem fordert das Siegel klare Arbeitszeitregelungen, feste Verträge und Mutterschutz.

Regionaler Schnittblumenanbau 

Fairtrade bedeutet aber nicht, dass Blumen auch Bio sind. Auf ökologischen Anbau weist dagegen das weiß-grüne, sechseckige Bio-Siegel hin, bei dem beispielsweise auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Gentechnik verzichtet wird.

Als Alternative zur konventionellen Blumenherstellung sieht sich auch die sogenannte Slowflower-Bewegung. Die Mitglieder wollen zu einem Umdenken beitragen und betreiben einen regionalen Schnittblumenanbau nach strengen Kriterien: Kreislaufwirtschaft, keine Pestizide, Insektenschutz, nur organische Dünger und nur nachhaltige Verpackungen.

Selbstpflücken

Wissenschaftlerin Janine Berg und Floristin Yvonne Meyer betonen ebenfalls den regionalen Einkauf. Gerade im Sommer gebe es im Freiland produzierte Schnittblumen aus Deutschland, sagt Berg. Auch beim Großmarkt-Einkauf des Blumenladens, in dem Meyer arbeitet, wird möglichst von hiesigen Gärtnern gekauft. "Aber das können wir nicht immer, dann hätten wir im Winter kaum Blumen", sagt die Floristin.

Zum Muttertag rät die Fachfrau zu Blumen, die dann in Deutschland Saison haben: "Pfingstrosen zum Beispiel, oder die ersten Freilandrosen". Im Zweifelsfall: einfach beim Blumenladen oder auf dem Wochenmarkt nachfragen. Oder auf einem ausgewiesenen Blumenfeld selbst pflücken. Dann ist die Muttertagsüberraschung regional, saisonal - und auch noch ein bisschen selbst gemacht.

Muttertag

Der Muttertag, Feiertag zu Ehren der Mütter, wird immer am 2. Maisonntag in mehr als 40 Ländern begangen. Er geht zurück auf die amerikanische Methodistin Ann Jarvis; ab 1907 kämpfte sie für einen Mütter-Ehrentag. Anlass war der erste Todestag ihrer eigenen Mutter.

US-Präsident Thomas Woodrow Wilson erklärte 1914 per Gesetz den Muttertag zum offiziellen Staatsfeiertag. In Deutschland wurde der neue Brauch vor allem durch die Förderung des Verbandes Deutscher Blumenhändler nach dem 1. Weltkrieg übernommen; die weiße Nelke galt damals als Symbol des Muttertags.

Muttertag / © Patrick Pleul (dpa)
Muttertag / © Patrick Pleul ( dpa )
Quelle:
KNA