Sozialethiker nennt vatikanische Friedensdiplomatie Desaster

"Massive Fehler"

Als "Desaster" hat der Münchner Sozialethiker Markus Vogt die bisherige Friedensdiplomatie des Vatikans mit Blick auf die Ukraine bezeichnet. Dennoch sieht er eine Chance auf eine Vermittlungsrolle der Kirche.

Blick auf den Petersdom aus einem Fenster in der Vatikanstadt / © Aldo91 (shutterstock)
Blick auf den Petersdom aus einem Fenster in der Vatikanstadt / © Aldo91 ( shutterstock )

"Der Versuch, auf gleicher Ebene irgendwie neutral zu sein, indem man sagt, Russland und die Ukraine müssten sich versöhnen, ist deutlich misslungen", sagte Vogt am Samstag im Interview des Internetportals katholisch.de.

Vogt fordert klare Benennung von Unrecht

"Frieden kann nicht erlangt werden, indem man die Unterscheidung zwischen Angreifer und dem Angegriffenen unterlässt. Da sind massive Fehler gemacht worden." Unrecht müsse klar beim Namen genannt werden. Der Vatikan habe zudem nicht durchschaut, dass die russisch-orthodoxe Kirche Teil des russischen Kriegsmanipulations-Systems sei.

Der katholische Theologe Markus Vogt / © Kath.Theol.Universität München (KNA)
Der katholische Theologe Markus Vogt / © Kath.Theol.Universität München ( KNA )

"Die Gespräche, unter anderem die von Kardinal Matteo Zuppi, sind im Grunde gescheitert", erläuterte der Sozialethiker. "Zuerst war die Rede von einer Friedensmission, danach lediglich von einer
humanitären Mission. Zudem hat die russische Propaganda diese Gespräche für ihre Zwecke missbraucht."

Vermittlungsrolle der Kirche

Dennoch sieht Vogt eine Chance auf eine Vermittlungsrolle der Kirche. "Der Vatikan hätte schon eine Chance zu vermitteln, weil er eben nicht nur ein staatlicher Akteur ist." Erfahrung, wie Kriege beendet
werden können, gebe es in der Kirche ja durchaus. "Ich denke da an die Gemeinschaft Sant'Egidio, die viel Erfahrung auf dem diplomatischen Parkett hat. Deren Strategie ist es aber, nicht vorzeitig an die Öffentlichkeit zu treten."
 

Gemeinschaft Sant'Egidio

Die im Mai 1968 in Rom entstandene katholische Bewegung Sant'Egidio widmet sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten sowie dem Dialog der Religionen. Sie hat nach eigenen Angaben rund 60.000 Mitglieder in 70 Ländern, davon 5.000 in Deutschland. Ihr Hauptsitz befindet sich im römischen Stadtteil Trastevere; ihr deutsches Zentrum ist seit 1983 Würzburg. Seit 1986 ist die ökumenisch stark engagierte Gemeinschaft von der katholischen Kirche als Laienvereinigung anerkannt.

Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA