"Die Kirche ist nicht mehr Vermittlerin eines umfassenden Weltbildes", sagte Pollack am Dienstagabend in Magdeburg beim Ökumenischen Jahresempfang der Kirchen in Sachsen-Anhalt für Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zudem riet er den Kirchen, moralisch abzurüsten, gerade auch vor dem Hintergrund der Skandale der vergangenen Jahre.
Gefragt seien die Kirchen indes, wenn es darum gehe, Menschen zu begleiten, ihnen Halt zu geben und sie karitativ zu unterstützen. Auch seien sie wichtig, wenn es darum gehe, einen respektvollen Umgang miteinander einzuüben, der die Würde des Menschen achte. Weiter empfahl Pollack den Kirchen, offene Räume für Stille, Gebet und geistliche Kontemplation bereitzuhalten.
Bischof Feige: Mit Gesellschaft in Dialog treten
Der katholische Bischof Gerhard Feige mahnte: "Wollen wir als Kirchen uns nicht damit abfinden, dass die Gleichgültigkeit der Menschen dem Christentum gegenüber wächst oder Zerrbilder von ihm die Runde machen, werden wir immer wieder in den Dialog mit der Gesellschaft treten müssen." Dazu gehöre auch, sich proaktiv in aktuellen gesellschaftlichen Krisen einzubringen und sich für die grundlegenden Werte des Zusammenlebens einzusetzen, wie die Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen, Solidarität, Gerechtigkeit, Anstand und Respekt.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hob ein gutes Miteinander von Kirchen und Politik in Sachsen-Anhalt hervor und betonte, dass für ihn eine Ablösung der historisch bedingten Staatsleistungen an die Kirchen nicht zur Debatte stehe: "Auch die westdeutschen Ministerpräsidenten haben beim Durchrechnen festgestellt: Das wird so teuer, das kann kein Haushalt verkraften."
Bundesländer zahlen Kirchen jährlich Staatsleistungen
Die Bundesländer zahlen den Kirchen jährlich sogenannte Staatsleistungen, zuletzt 602 Millionen Euro, wegen Enteignungen, die zum Teil bereits über 500 Jahre zurückliegen. Die Ampel-Koalition will die Staatsleistungen zwar beenden, doch das zwischen Bundesinnenministerium und Kirchenvertretern ausgehandelte Modell wurde von den Ländern als unfinanzierbar abgelehnt. Es sieht vor, dass die Kirchen einmalig das 17- bis 18-Fache der jährlichen Zahlungen erhalten, und diese außerdem noch zehn bis 20 Jahre weiter fließen sollen.
In Sachsen-Anhalt gibt es das katholische Bistum Magdeburg sowie die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland und die Evangelische Landeskirche Anhalts. Nur etwa 14 Prozent der Bevölkerung sind Christen.