Nach eigenem Bekunden ist der Generalsekretär der linken "Podemos"-Bewegung in Spanien, Pablo Iglesias Turrion, Atheist - aber seine bisher äußerst kritische Position zur einflussreichen katholischen Kirche hat er relativiert: "Dieser Papst könnte von Podemos sein", so Iglesias im Gespräch mit Journalisten. "Natürlich gibt es viele Themen, wo wir immer noch anders denken, aber sein Eintreten für die Schwachen der Gesellschaft und die Diskriminierten ist beispielhaft", sagt er über Franziskus.
Bei den Nationalwahlen im Dezember kandidiert der 37-jährige Iglesias für das Regierungsamt. Von Haus aus Dozent für Politikwissenschaften und zugleich fernsehgewandter Politik-Analyst, beherrscht er wie kein anderer Mitbewerber die Psychologie der Medien und vor allem der sozialen Netzwerke. Sein Annähern an klassische Positionen der Volksparteien - der regierenden christdemokratisch-konservativen "Partido Popular" (PP) und der sozialdemokratischen PSOE - führte innerhalb des eigenen Bündnisses zu Irritationen und Abspaltungen.
Richtungswechsel ist nicht unumstritten
So zog sich Iglesias' alter Weggefährte Juan Carlos Monedero vor wenigen Monaten aus dem Podemos-Führungszirkel zurück; andere gründeten eine noch weiter links angesiedelte alternative Liste. Für politische Beobachter kommt das nicht überraschend. Im Winter gehe es um eine Richtungswahl; da könne sich Podemos schlecht als Nischenpartei präsentieren, lautet eine Einschätzung. Auf der gleichen Linie liegt auch die Annäherung der Partei an Kreise der Wirtschaft, die sie zuvor verurteilte. "Wer in Spanien regieren will, kann das nur schwer in Opposition zur katholischen Kirche und zur unternehmerischen Elite", sagt ein deutscher Unternehmensvertreter in Madrid.
Auch an den Äußerungen von Iglesias lässt sich ein Wandel ablesen. 2013 erklärte er in einem Fernsehinterview, seine Bewegung habe "eine klare Position gegen den großen Einfluss der katholischen Kirche und ihre steuerlichen Privilegien in Spanien bezogen und auch für eine religionsfreie Schulausbildung plädiert". Das Fach Religion sollte nach seinem Willen nur noch als Wahlfach in Form von "Geschichte der Religionen" angeboten werden. Der aktuelle Religionsunterricht in vielen öffentlichen Schulen, so Iglesias damals, erinnere zu sehr an eine Glaubensunterweisung wie beim Kommunionunterricht.
Stimmenfang in alle Richtungen
Jetzt, vor der Wahl, wo Podemos jede Stimme brauchte, um die Regierungspartei PP aus dem Sattel zu heben, tritt Iglesias für Religionsvielfalt ein und lobt die Arbeit der Kirchen in der Krise: "Das Engagement vieler katholischen Gemeinden und kirchlichen Organisationen in der Arbeit mit Armen und Benachteiligten ist vorbildlich." Unter Podemos-Wählern seien auch zahlreiche Christen, betont er; er verwies unlängst sogar darauf, dass in der Führungsriege der Partei ein Ex-Priester sitze.
Die Spanische Bischofskonferenz zeigt sich unterdessen gelassen angesichts der Aussicht, dass in Madrid im kommenden Jahr vielleicht eine linksgerichtete Koalition von PSOE und Podemos regiert. Dies hat nicht zuletzt mit der rechtlichen Stellung der Kirche zu tun: Ein formeller Kirchenaustritt ist in Spanien ebenso wenig möglich wie die Verweigerung jeglicher Unterstützung für ihre Arbeit. Zwar können Steuerzahler in ihrer Einkommenssteuererklärung entscheiden, ob ein Teil der Beiträge an die Kirche oder an soziale Institutionen abgeführt werden soll, aber unter diesen befinden sich auch viele Vereine kirchlicher Natur.
Von Ankündigungen linker Politiker, manche rechtliche und steuerliche Positionen der katholischen Kirche abzuschaffen, lassen sich die Bischöfe zumindest nach außen hin nicht beunruhigen: Man sei sicher, "dass der jetzt gültige rechtliche Rahmen auch bei einem Regierungswechsel beibehalten wird, weil er sich als sehr positiv für die ganze spanische Gesellschaft erwiesen hat", erklärte die Bischofskonferenz.