Spielmesse in Essen zeigte Ausstellung zum Thema Glaube

Würfeln um das Himmelreich

Dort winkt Papst Benedikt XVI., und in der anderen Vitrine blickt Luther streng. Europäische Spielesammler präsentierten bei der Messe "Spiel '17" in Essen Gesellschaftsspiele von 1845 bis heute zum Thema Religion.

Autor/in:
Rainer Nolte
Religiöses Spiel / © Rainer Nolte (KNA)
Religiöses Spiel / © Rainer Nolte ( KNA )

Ein falscher Wurf, und schon fällt der Spieler in Ungnade und ist weit entfernt vom Himmelreich, Ziel von "Reise in die Ewigkeit". Für Gesellschaftspiel-Fans ist die Messe Essen das Paradies gewesen. Mit einem Rekord von 182.000 Besuchern endete die "Spiel '17" am vergangenen Wochenende. Im Reformationsgedenkjahr hatte sich die Europäische Spielesammler Gilde (EGS) für ihre Ausstellung das Thema Religion herausgepickt. "Schon früh wurde versucht, über Wissensspiel auch den Glauben zu vermitteln", erklärt ESG-Vorsitzende Cynthia Kempe-Schönfeld der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

140 Exponate stellten die Historikerin und ihr Team vorsichtig und fein säuberlich in Vitrinen aus. "Das älteste Spiel ist von 1845", sagt Rudolf Rühle, ESG-Ehrenvorsitzender. "Das Liederkästchen"-Spiel mit Bibelstellen und Liedtexten stammt aus seiner rund 20.000 Exemplare bestehenden Sammlung. Rund 100 Exponate steuerte der Bonner bei.

Auch Fußball-Götter sind im Spiel

Etwa 80 Prozent der für die Schau ausgewählten Spiele sind Kartenspiele. Teils mit befremdlichem Inhalt: Im "Afrikanischen Schnipp-Schnapp" (um 1920) heißt es: "Ich war im Buschwald ausgesetzt,/Drum schau ich heut noch so entsetzt/Doch fand mich dann ein Katechist/Der vielen Kindern Retter ist." Für Historikerin Kempe-Schönfeld transportieren solche Spiele Werte der damaligen Zeit. "Heute sieht der Besucher bestimmt extreme Vorurteile in diesen Exponaten, aber man muss es in den zeitlichen Kontext setzen."

Im "Heiligen Quartett" von 1962 sollte laut der Expertin das Lernen im Vordergrund stehen. Sankt Laurentius, Sankt Georg, Sankt Sebastian und Sankt Blasius sind die vier Märtyrer-Karten, versehen mit Attributen und Heiligentag. In "Tore für Gott" geht es um Fußball-Götter aus dem Jahr 2005: Da sticht der christliche Spruch von VfB-Stuttgart-Torhüter Dirk Heinen den gläubigen Brasilien-Star Ze Roberto aus.

Spielerische Vermittlung von christlicher Heilslehre

Die 100 Mitglieder der Gilde haben für die Messe ihre Sammlungen durchstöbert und nach Spielen mit christlichen Bezügen gesucht. "Wir haben aber Titel aus der Sagen- und antiken Götterwelt ausgeschlossen", so die 38-Jährige, die mit Handschuhen gerade ein Fragespiel für den Beicht- und Kommunionsunterricht von 1977 aus der DDR in einem Schaukasten positioniert. "Wozu sind wir auf der Erde?", steht auf dem ersten vergilbten Kärtchen.

Sogenannte Spiralspiele, bei denen die Figur vom Rand ins Zentrum gebracht werden muss, veranschaulichten besonders, wie das Medium Spiel früher genutzt wurde. "Es ist spannend zu sehen, dass Themen wie die christliche Heilslehre einfach und nebenher vermittelt werden - ohne belehrenden Charakter", erklärte Kempe-Schönfeld. "Welt-Mission-Fahrt" oder "Die Fahrt zum Himmel" hebt sie hervor.

Luther-Spiele zum Reformationsgedenken

Aber auch aktuelle Titel präsentierte die ESG. "Luther - Das Spiel" oder das "Luther-Quiz" wurden extra zum 500-Jahr-Gedenken an die Reformation herausgebracht. "Historische Themen, und dann noch mit einem Jubiläum verbunden, werden von den Verlagen gerne aufgenommen", so Hermann Hutter, Vorsitzender des Branchenverbandes "Spieleverlage". An einem Messe-Abend begrüßte die ESG die "Luther - Das Spiel"-Autoren. "Erika und Martin Schlegel zeigten den Besuchern anschaulich mit Grafiken den Entstehungsprozess des Spiels", sagte Kempe-Schönfeld.

Die Ausstellerin sei zudem sehr überrascht über die große Zahl an theologischen Fachbesuchern gewesen. "Für eine Gruppe Theologie-Studenten hat unser Ehrenvorsitzender eine Extra-Führung gegeben." An jedem Messe-Nachmittag hätten sich außerdem rund ein Dutzend Interessierte an dem halbstündigen Rundgang mit Rudolf Rühle beteiligt.

Ken-Follett-Romane in Spieleform

Das aktuellste Exponat am Stand war die Spieleadaption des neuen Buches von Erfolgsautor Ken Follett. Von "Das Fundament der Ewigkeit" werden wohl wie bei den Vorgängerspielen "Säulen der Erde" und "Tore der Welt" rund 250.000 Exemplare über die Ladentheken gehen. Die Handlung der Kingsbridge-Reihe um die große Kathedrale ist angesiedelt im 16. Jahrhundert während der religiösen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten. Vor diesem Hintergrund muss sich der Spieler die Unterstützung einflussreicher Personen sichern und dabei das wechselnde Machtverhältnis der Konfessionen im Blick behalten, um eventuell flink auf die katholische Glaubensseite zu wechseln.

Ein Hingucker der Religions-Schau, die die ESG bei Interesse auch in einem anderen Rahmen wieder aufbauen würde, war das "Luther-Vehikel".  "Der Jugendkreis der evangelischen Kirche in Aachen hat einen Wartburg aus dem Jahr 1976 zum interaktiven Spielemobil umgebaut", so Kempe-Schönfeld. Hier konnten die Besucher selber mitanpacken - während "Missions-Quartett" (1938) und "Jesus, du guter Hirte" (1912) nach den turbulenten vier Messetagen wieder vorsichtig mit Samthandschuhen eingepackt wurden.


Quelle:
KNA