Vor Beginn des weltweiten Anti-Missbrauchsgipfels trifft Papst Franziskus den Sprecher des italienischen Netzwerks "Rete L'Abuso" (Netzwerk Missbrauch), Francesco Zanardi, im Vatikan. Die private Begegnung mit dem Kirchenoberhaupt nach der Generalaudienz am Mittwoch bestätigte der 48-jährige Italiener der Katholischen Nachrichten-Agentur am Dienstag. Es ist das erste Treffen Zanardis, der als Jugendlicher von einem katholischen Priester missbraucht wurde, mit dem Kirchenoberhaupt.
Zanardi kritisiert, dass sich bislang zu wenig getan habe
Er habe "großen Respekt" für den Papst, so Zanardi zuvor in einem Interview der Tageszeitung "Il Fatto quotidiano". Allerdings erlebe Franziskus auch viele Widerstände. Beim Kampf gegen Missbrauch habe sich seit den 1990er Jahren nicht viel getan: "In 20 Jahren hat sich zu wenig geändert und in der Zwischenzeit wurden hunderttausende Minderjährige missbraucht", sagte Zanardi der Zeitung.
Er wolle dem Papst Forderungen im Namen aller Missbrauchsopfer vortragen, so der Sprecher von "Rete L'Abuso". Nötig seien eine weltweite Anzeige-Pflicht für Bischöfe bei Fällen sexuellen Missbrauchs. Neben kirchenrechtlichen Prozessen müsse es zudem immer auch staatliche Prozesse geben, so Zanardi. Der Italiener gehört zu den Gründern des internationalen Netzwerks "Ending Clergy Abuse" (ECA, Missbrauch durch Kleriker beenden) angehört. Parallel zum Bischofstreffen organisiert auch ECA Informationsveranstaltungen und Demonstrationen in Rom.
"Schuldig sind Menschen"
Papst Franziskus müsse gegen großen internen Widerstand angehen, sagte Zanardi. In seinem Pontifikat seien jedoch einige Priester, die im Verdacht stehen, Gewalttaten verschwiegen zu haben, zu Bischöfen ernannt worden. Zahlen oder Namen nannte Zanardi nicht. "Wer uns verletzt hat, ist nicht im Himmel, sondern auf der Erde. Schuldig sind Menschen: die Priester, die uns missbraucht haben, und all jene, die sie gedeckt haben."
Von Donnerstag bis Sonntag hat Papst Franziskus ein weltweites Treffen zu Missbrauch und Kinderschutz in der katholischen Kirche einberufen. An der Konferenz in Rom nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, einschließlich unierter Ostkirchen, sowie 22 männliche und weibliche Ordensobere teil. Außerdem die Leiter von 14 Vatikan-Behörden sowie Missbrauchsopfer aus allen Erdteilen.