In Padiyathalawa stürmt ein buddhistischer Mönch ein muslimisches Geschäft und jagt alle singhalesischen Kunden hinaus.
Dem Ladenbesitzer drohte der Mönch, er solle aus Padiyathalawa verschwinden – sonst gebe es "ein großes Problem". Nur einer von vielen Fällen von Gewalt gegen Muslime, bei denen in den vergangenen Wochen ein Mensch ums Leben kam und viele weitere verletzt wurden.
Bürgerkrieg spaltete das Land
Jahrzehntelang war die Insel im Indischen Ozean durch einen Bürgerkrieg zwischen Separatisten der hinduistisch-tamilischen Minderheit im Norden und der singhalesisch-buddhistischen Mehrheit im Süden zerrissen. Vor genau zehn Jahren schlug die Armee den Aufstand der Tamilen blutig nieder. Seither haben buddhistische Hardliner, unterstützt von Polizei, Armee, Geschäftsleuten und dem im Januar 2015 abgewählten Präsidenten Mahinda Rajapaksa, immer wieder Feindseligkeiten und Gewalt gegen Muslime geschürt.
Beten ist in allen Religionen ein friedliches Ritual. In Sri Lanka aber sind seit den Anschlägen vom Ostersonntag auf drei Kirchen und drei Luxushotels mit 256 Toten Gebete in Kirchen, Moscheen und Tempeln nur noch unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen möglich. Und das in einer Zeit, in der alle Religionen Sri Lankas bedeutsame Feste feiern.
Terror zu Ostern
Die Terrorbomben explodierten am christlichen Osterfest; mehr als zwei Wochen nach den Anschlägen blieben katholische Kirchen und Schulen aus Sicherheitsgründen geschlossen. Sicherheitsmaßnahmen beeinträchtigen gegenwärtig den muslimischen Fastenmonat Ramadan, der am 4. Juni endet. Und unter extremen Sicherheitsvorkehrungen feierten am 18. Mai die Buddhisten den Vesak-Tag als einen ihrer wichtigsten Feiertage. Den Reigen der religiösen Feiertage schließen wiederum die Christen am 9. Juni mit Pfingsten.
Die Selbstmordanschläge von Sri Lanka sind für den geopolitischen US-Informationsdienst Strategic Forecasting (Stratfor) nur der jüngste Beleg für einen globalen Terrortrend. In einigen Ländern seien religiöse Minderheiten und ihre Gotteshäuser schon seit langem Ziele von Angriffen, so Stratfor in einer Anfang Mai veröffentlichten Analyse.
Terror beabsichtigt Spaltung
"In unserer vernetzten Welt sind Bedrohungen sowohl lokal als auch global", heißt es in der Studie, die als aktuelle Beispiele auch auf das Attentat eines Neonazis auf Moscheen im neuseeländischen Christchurch oder auf die Synagoge im US-amerikanischen San Diego verweist. Den Terroristen gehe es bei Anschlägen nicht nur um das Töten selbst, sondern um eine Spaltung von Gesellschaften durch ethnische oder religiöse Konflikte. Diese sollten im Kalkül der Terrorgruppen letztlich in einen größeren Konflikt münden, so Stratfor.
Diese Rechnung ist bei den Angriffen radikaler Buddhisten in Sri Lanka auf Muslime bislang nicht aufgegangen. "Angesichts der seit Jahren anhaltenden Angriffe haben Sri Lankas Muslime Besonnenheit und Zurückhaltung gezeigt", heißt es in einer Analyse der Terrorangriffe der International Crisis Group. Dass das aber nicht so bleiben muss, wird schon in der Überschrift deutlich: "Die Osterbomben von Sri Lanka: Die friedliche Koexistenz ist bedroht."
Misstrauen und innenpolitische Krise
Der Regierung von Präsident Maithripala Sirisena wirft die Crisis Group vor, schon vor den Anschlägen zu Ostern zu wenig getan zu haben, um die Gründe für Misstrauen und Missverständnisse zwischen Buddhisten und Muslime anzugehen und zugleich den Hasspredigern der radikalen Buddhisten das Handwerk zu legen.
Seit Ende 2018 befindet sich Sri Lanka in einer innenpolitischen Krise. Präsident Sirisena und Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe liefern sich eine erbitterte Fehde. Bei der Kommunalwahl im Februar feierte der Clan der Rajapaksas mit einem nationalistisch-buddhistisch-singhalesischen Law-and-Order-Programm ein politisches Comeback.
Die Crisis Group befürchtet: "Sollten die Rajapaksas wieder an die Macht kommen, wird es mit den bescheidenen Bemühungen der gegenwärtigen Regierung für eine Versöhnung nach dem Krieg und zur Stärkung des Rechtsstaates ziemlich sicher vorbei sein." Und in Sri Lanka stehen noch in diesem Jahr Präsidentschaftswahlen an.