"Ich bitte um Entschuldigung", so Schönborn am Donnerstagabend im Parlament in Wien an die Adresse der 250 Missbrauchs-Betroffenen, die bei der Veranstaltung zugegen waren. "Wir haben in der Kirche wie auch im Staat zu lange weggeschaut. Wir haben vertuscht, wir haben wenn Missbrauch bekannt geworden ist, Leute versetzt und nicht abgesetzt", so der Wiener Erzbischof. "Für diese Schuld der Kirche stehe ich heute vor ihnen und sage: Ich bitte um Vergebung."
Mit dem Staatsakt wollten Staat und Kirche eine gemeinsame "Geste der Verantwortung" für jenes Unrecht setzen, das Heimkinder in den vergangenen Jahrzehnten in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen in Österreich erlitten haben. Das österreichische Fernsehen übertrug live.
Bundeskanzler Kern: Finsteres Kapitel
Bereits zuvor hatte Schönborn dazu gemahnt, das Thema Kindesmissbrauch nicht mehr zu verdrängen. Es sei wichtig, dass es aus dem öffentlichen Bewusstsein nie wieder verschwinde. "Und auch nicht aus dem Bewusstsein der Kirche". Nationalratspräsidentin Doris Bures betont ebenfalls, einen Schlussstrich dürfe es nicht geben. Vielmehr wollten Staat und Kirche "gemeinsam das Unrecht benennen, anerkennen und ihre Schuld eingestehen". An die anwesenden Missbrauchsopfer gewandt fügte Bures hinzu: "Was Ihnen widerfahren ist, ist eine Schande für unser Land. Ich stehe hier und schäme mich dafür."!
Bundeskanzler Christian Kern sprach von einem der "finstersten Kapitel" in der Geschichte Österreichs. Er rief dazu auf, den Betroffenen zuzuhören und sich generell dort einzumischen, wo Unrecht geschehe: "In Österreich müssen Menschenrechte und Würde im Mittelpunkt stehen".
Berichte von Betroffenen im Mittelpunkt
Bundesratspräsident Mario Lindner hob den Mut jener Missbrauchs-Opfer hervor, die sich in den vergangenen Jahren zu Wort gemeldet und somit "den Mantel des Schweigens gelüftet" hätten. Erst Dank der Erzählungen ihrer Erlebnisse seien ihre Geschichten und ihr Schmerz nun bekannt.
Zentraler Programmpunkt waren von Schauspielern vorgetragene Berichte von Betroffenen, die stellvertretend für das Schicksal Tausender Kinder in staatlichen und kirchlichen Heimen stehen sollten. Dazu wurden Texte aus Forschungs- und Kommissionsberichten vortragen.