Er ist so etwas wie der kleine, charmante Bruder des spanischen Pilgerwegs zum Grab des Heiligen Jakobus. Nicht so überlaufen, nicht so gut erschlossen, nicht so weit die zurückzulegende Strecke. Es gibt also gute Gründe, warum der Franziskusweg unter Pilgern längst kein Geheimtipp mehr ist.
Seit 2003 gilt er in Italien als offizieller Pilgerweg. Über gut 500 Kilometer folgt er der Strecke, die auch der heiligen Franziskus von Assisi im Jahr 1209 durch die Toskana, Umbrien und Latium bis nach Rom zurücklegte. Der Franziskusweg ist aufgeteilt in zwei Etappen: von Florenz nach Assisi und von Assisi nach Rom. Wer möchte, kann den Weg in einem Rutsch pilgern, andere nehmen sich jeweils eine Teiletappe vor.
Deutliche Zunahme
Nach jüngsten Erhebungen aus dem Pilgerort Assisi waren 2019 rund 24.000 Menschen allein oder in Gruppen auf dem Franziskusweg unterwegs. 4.124 Pilger wurden in der Basilika mit den sterblichen Überresten des Heiligen verzeichnet - eine deutliche Zunahme etwa im Vergleich zu 2015 mit nur 970 registrierten Pilgern.
Ein weiteres Zeichen für die zunehmende Beliebtheit: In den vergangenen Jahren ist allein in deutscher Sprache ein gutes Dutzend Bücher rund um den Franziskusweg erschienen - Bildbände, spirituelle Bücher, Wanderführer. Anton Ochsenkühn hat gemeinsam mit seiner Frau Simone einen von ihnen geschrieben, den "Franziskusweg Pilgerführer".
Der Weg sei eine "einzigartige Verschmelzung von herrlicher, oft unberührter Natur, franziskanischer Geschichte und spirituellem Wandern", schwärmt der Kenner, der auch eine eigene Seite im Internet betreibt. Zugleich unterscheide er sich deutlich vom Jakobsweg. Auf der italienischen Pilgerroute gebe es "faktisch keine expliziten Pilgerherbergen und nur teilweise eine Beschilderung". Mit seinem Pilgerführer möchte er Interessierten eine praktische Hilfestellung zur Vorbereitung und Durchführung bieten, inklusive Übernachtungsverzeichnis und kleinem Sprachführer.
Auch Paola Rauscher hat es der Franziskusweg angetan. In ihrem Blog teilt die 57-Jährige ihre Pilger-Erfahrungen. Ihre Motivation: der heilige Franziskus. "Er ist auf diesem Weg zu den Menschen gelaufen." Dabei habe er auch die Schönheit der Natur, der Bäume und Blumen wahrgenommen und zu schätzen gelernt. Rauscher hat den Weg nach einer beruflichen Krise für sich entdeckt - und verweist auf ein Zitat von Anselm Grün: "Wenn nichts mehr geht, dann geh." Über die Beschäftigung mit dem Denken des heiligen Franziskus ist Rauscher auf das Buch von Angela Maria Seracchioli "Der Franziskusweg" gestoßen, die den Weg mitgestaltet und begehbar gemacht habe.
Noch ist das Pilgern unter dem franziskanischen Symbol des Schutz- und Segenszeichens Tau noch kein Massenevent. Bei der Erschließung sei deshalb noch Luft nach oben, beobachtet Rauscher. Wegen der langen Mittagsruhe hätten Geschäfte und Restaurants gerade dann geschlossen, wenn sich beim Pilger Hunger und Durst einstellen. Rauschers Rat: "Nehmen Sie viel Wasser und eine Notration mit."
Strecke ist eine Herausforderung
Auch das Tau als Wegmarke sei nicht immer gut zu erkennen, weshalb sich Pilger ein paar italienische Sätze einprägen sollten, um nach dem Weg fragen zu können. Die Strecke durch den Apennin sei anstrengend, günstige Herbergen seien nicht selbstverständlich.
Rauscher empfiehlt, sich am besten schon vormittags telefonisch das nächste Übernachtungsquartier zu reservieren. Viele Herbergen bieten aus ihrer Erfahrung Pilgerpreise; zudem rät Rauscher, "auch einfach mal mutig in Klöstern oder Pfarrhäusern nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu fragen".
Weitere Tipps der Pilgerin: "unbedingt Stöcke mitnehmen", um sich im Notfall vor freilaufenden Hunden schützen zu können. Und: "Es gibt Strecken an der Straße entlang, die sollte man nicht zu Fuß gehen - die Seele verdurstet". Die Etappe vor Rumita etwa sei "traurig zu gehen; stattdessen sollte man sich lieber eine Stunde länger vor Ort gönnen".
Wer sich nicht alleine auf die Spuren des heiligen Franziskus begeben möchte, kann das auch in einer Gruppe tun. Das Bayerische Pilgerbüro hat beispielsweise den Franziskusweg als "kleinen Bruder des Jakobswegs" seit 2010 im Programm, erklärt dessen Sprecher Giovanni Pizzolante. Im Wechsel sind alle drei "klassischen Etappen" im Programm: von La Verna nach Assisi, von Assisi nach Rieti sowie von Rieti nach Rom.
Der Franziskusweg führe "durch eine dichte, sehr abwechslungsreiche Landschaft, die nicht die Weite der Jakobsweg-Landschaften besitzt und vielleicht als etwas heimeliger" empfunden werde. Anders als der spanische Pilgerweg, der das Grab des Heiligen "als Fixstern" zum Ziel habe, bildeten auf dem Franziskusweg die Wirkungsorte - wie La Verna, Gubbio, Greccio, das Rieti-Tal und Rom - die Verbindung zum Heiligen. "Der Franziskusweg ist nicht besser oder schlechter, er ist einfach anders als der Jakobsweg", sagt Pizzolante.
Auch wer sich in einer organisierten Gruppe mit Gepäcktransfer auf den Franziskusweg macht, sollte sich vorbereiten. Das Angebot des Bayerischen Pilgerbüros richtet sich laut Pizzolante an "erfahrene Pilgerwanderer", die regelmäßig anspruchsvollere Wanderungen unternehmen. "Gelegenheitswanderer würden am Franziskusweg keine Freude haben", sagt der Reiseexperte. "Aber: Man kann sich das ja vornehmen und darauf hinarbeiten, denn der Franziskusweg tut Körper und Seele gleichermaßen gut."