DOMRADIO.DE: Warum beteiligt sich denn das Bonifatiuswerk an den Aufruf zum europaweiten Glockengeläut?
Monsignore Georg Austen (Generalsekretär des katholischen Bonifatiuswerkes): Für mich gibt es nichts Schöneres, als dass Glocken nicht nur die Zeit einteilen, sondern uns auch zum Gebet aufrufen. Ein Leitwort des Bonifatiuswerks ist: "Zeig draußen, was du drinnen glaubst". Heute wird das sogar hörbar.
Mit dem Glockenläuten reihen wir uns ein in den Verbund von Initativen: um für Frieden zu beten und um ein Zeichen des Friedens in Europa zu setzen - das Glockengeläut ist ja eingebettet in das europäische Kulturjahr.
DOMRADIO.DE: Der Kölner Dom ist beim Glockengeläut für den Frieden dabei. Welche prominenten Glocken werden denn noch läuten?
Austen: Da ist zum Beispiel der Michaelisdom in Hamburg, da sind Kirchen in Osnabrück und Münster, die Frauenkirche in München genauso wie die Frauenkirche in Dresden. Ich finde es sehr schön, dass kirchliche und säkulare Glocken sich verbinden - über trennende Grenzen hinweg. Ein schönes Zeichen des Friedens, das wir nach draußen geben können.
DOMRADIO.DE: Im Aufruf zum Glockengeläut heißt es: Glocken seien ein hör- und sichtbares Zeichen europäischen Kulturerbes und Wertefundaments. Was ist damit gemeint?
Austen: Glocken laden schon seit über tausend Jahren zu Gebet und Muße ein. Für mich bedeuten Glocken auch immer eine Einladung zu Versöhnung und Frieden - eine wichtige Aufgabe für uns Christen, die uns in unserem Gemeinwesen verbindet. Das Kulturerbejahr bedeutet ja auch, das Herkunft eine Zukunft hat. Man will sich auf die grundlegenden Werte besinnen und lebendig halten, was diese für uns heute bedeuten können.
Ich glaube, es gibt nichts Wichtigeres als die herausfordernde Aufgabe, den Frieden zu sichern. Glocken sind auch für Kriege missbraucht worden, sie wurden eingeschmolzen für die Waffenherstellung. Heute aber wollen wir mit ihnen ein klares Zeichen des Friedens setzen und zeigen: Da müssen wir Christen mit anpacken.
DOMRADIO.DE: Jetzt ist das gemeinsame Glockenläuten nur ein symbolisches Zeichen - ein besonders starkes, aber ein symbolisches. Welche Verantwortung haben wir als Christen, uns im Alltag konkret für den Frieden einzusetzen?
Austen: Wir haben eine große Verantwortung. Grundlegend ist für mich das christliche Menschenbild und die Frage nach der Menschenwürde: Wie gehen wir damit um? Aber auch: In welchen Funktionen und welchen Mechanismen bewegen wir uns, wenn es um Parolen geht? Wir müssen nicht dem hinterherlaufen, was der Friedenssicherung dient, sondern dem, was uns Frieden bringt.
Genauso ist es für mich eine Herausforderung, wie wir den Frieden sichern können. Ich komme gerade aus Island und habe erlebt, wie Menschen unterschiedlicher Nationen dort eine neue Heimat finden. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass keine neuen Kriege aufbrechen. Dass wir nicht gegeneinander stehen - in den Fragen, die uns voneinander trennen, die aber auch zu Machtmissbrauch führen können. Dies ist eine Aufgabe, die uns in Europa verbindet.
Wir müssen uns starkmachen für ein menschenfreundliches Europa, in dem Menschen leben können und eine Zukunft haben.
Das Gespräch führte Martin Mölder.