Stefan Vesper über Kardinal Woelki und die Zukunft der katholischen Kirche

"Ich hoffe auf einen Neuanfang in Köln"

Rainer Maria Kardinal Woelki, der Erzbischof von Berlin, wechselt nach Köln und wird Erzbischof in der Domstadt. Dr. Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, mit seiner Einschätzung im domradio.de-Interview.

Stefan Vesper (ZdK) (KNA)
Stefan Vesper (ZdK) / ( KNA )

domradio.de: Wie war denn Ihre erste Reaktion?

Vesper: Ich habe mich gefreut. Ich habe gedacht, das ist überraschend, weil ich besonders an die Freundinnen und Freunde in Berlin denke. Aber für uns hier in Köln ist es eine sehr gute Wahl. Ich habe immer gehofft, dass jemand hier nach Köln kommt, der die Region kennt, der aus der Diözese kommt, der integrieren kann und ein offenes Ohr hat - und das ist Kardinal Woelki ganz sicher.

domradio.de: Sie haben gesagt, Sie haben an die Freunde in Berlin gedacht, die jetzt so ein bisschen in die zweite Reihe gerückt sind. Wenn man nach drei Jahren den Erzbischof dort wieder abzieht...

Vesper: Ja, die Berliner katholischen Laien haben den Wechsel von Kardinal Woelki bedauert. Sie haben ihm natürlich alles Gute gewünscht und haben ihm Gottes Segen mitgegeben hier nach Köln. Aber natürlich hat er viel angestoßen in  Berlin, man hat viel gemeinsam erreicht, man hat auch durchaus strittige Punkte gehabt, aber man hat immer gesagt: Mit dem Kardinal kann man reden, man muss mit ihm reden. Er ist jemand, der das Gespräch sucht, der auch kritische Stimmen hören will. Insofern hat man gedacht, man kann mit ihm wirklich die großen Herausforderungen von einer so großen Diözese wie das Erzbistum Berlin angehen; groß, flächenmäßig und wenige Katholiken - als ich den Kardinal vor einiger Zeit besucht habe, da hat er mir nicht namentlich, aber von der Ziffer her sagen können, wir haben 250 Katholiken da oben in Greifswald und so weiter. Also, er wusste das sehr genau, wie die Kirche im Erzbistum lebt und welche Herausforderungen sie hat.

domradio.de: Jetzt konzentriert sich Kardinal Woelki wieder ganz auf Köln. Welches Zeichen ist denn die Personalie auch für das Erzbistum Köln, Ihrer Meinung nach?

Vesper: Ich glaube, dass das Erzbistum Köln sehr froh sein kann, jemanden zu bekommen, der integriert und der hört, der weiß, wie die Menschen denken, der wissen will, wie die Menschen denken und der auch zusammenführt. Auch bei uns gibt es große Herausforderungen und große Dinge, die wir gemeinsam anpacken müssen. Vor allem denke ich auch an die Bischofskonferenz. In Köln muss eigentlich jemand sitzen, der in der Bischofskonferenz ausgleichend und einheitsstiftend wirkt, so wie es immer die großen Erzbischöfe Frings und Höffner getan haben. Insofern hoffe ich, dass wir jetzt hier einen Neubeginn haben, der natürlich in Kontinuität kommt. Kardinal Woelki kennt das Erzbistum. Er wird Vieles auch von Berlin mitbringen. Er hat sicherlich in Berlin Kirche in einer anderen Situation kennengelernt und das kann uns eigentlich auch in Köln nur guttun.

domradio.de: Papst Franziskus hat ja jetzt drei Bischofsstühle neu zu besetzen. Das sind Limburg, Erfurt, Hamburg, und jetzt wird eben noch Berlin folgen. Wie geht es insgesamt weiter in der deutschen Kirche?

Vesper: Zunächst einmal ist ein Wort angebracht für die Katholiken in Erfurt. Denn da ist es fast zwei Jahre her, dass der Bischofsstuhl frei ist. Es gab auch eine Reaktion von Bischof Feige, die sich nicht gegen Kardinal Woelki richtet, sondern die einfach von dem Frust der Katholiken im Osten unseres Landes zeugt: Das kann doch nicht wahr sein, dass so lange ein Bischofsstuhl frei ist. Erfurt ist eine wichtige und große und schöne Diözese, die man doch nicht so lange warten lassen kann auf einen Bischof. Dass wir hier in Köln nur vier Monate warten mussten, ist natürlich für uns hier sehr gut, aber das ist wirklich sehr zu bedauern, dass es nicht endlich in Erfurt voran geht. Ich denke, da müssen alle auch mitwirken. Die Diözesen sind doch keine Diözesen, die man einfach vernachlässigen kann. Aber ansonsten haben wir jetzt wieder vier freie Bischofsstühle. Ich nehme vor allem aus dieser Kölner Besetzung heraus, dass man es auch schnell machen kann. Man kann einen Bischofsstuhl schnell wieder besetzen, auch unter der Beteiligung der Laien. Das ist in Köln vorbildlich passiert durch das Domkapitel, dass man viele Menschen befragt hat, dass man zügig und gut ausgewertet hat und dann seine Vorstellungen nach Rom gegeben hat. Also man kann beides schaffen: Schnell einen Bischofsstuhl besetzen und auch noch vorher eine große, gute Phase der Befragung haben, so dass da jemand kommt, der zu den Menschen passt. Ich glaube, das ist hier der Fall.

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR