Ihre Führer lenkten ihre Gläubigen und ihre ganze Kirche "auf einen schlimmen, ja geradezu glaubensfeindlichen und blasphemischen Irrweg", sagte Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Karlsruhe. Sie rechtfertigten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine - "gegen ihre eigenen, gegen unsere eigenen Brüder und Schwestern im Glauben".
Dialog müsse Unrecht zur Sprache bringen
Der Bundespräsident sagte laut Redemanuskript: "Diese Propaganda gegen die freien Rechte der Bürgerinnen und Bürger eines anderen Landes, dieser Nationalismus, der willkürlich Gottes Willen für die imperialen Herrschaftsträume einer Diktatur in Anspruch nimmt, muss unseren Widerspruch finden, auch hier in diesem Saal, in dieser Versammlung."
Mit Blick auf die Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche in Karlsruhe sagte Steinmeier, ihre Anwesenheit sei in diesen Zeiten keine Selbstverständlichkeit. "Dass ihnen die Wahrheit über diesen brutalen Krieg und Kritik an der Rolle ihrer Kirchenführung nicht erspart bleiben wird, das erwarte ich von dieser Versammlung", fügte er hinzu. Dialog sei kein Selbstzweck. Dialog müsse Unrecht zur Sprache bringen und Opfer ebenso benennen wie Täter und deren Erfüllungsgehilfen. "Ein Dialog dagegen, der sich auf fromme Wünsche beschränkt und im Ungefähren bleibt, wird schlimmstenfalls zur Bühne für Rechtfertigung und Propaganda."
Anerkennung des Widerstands von russisch-orthodoxen Priester
Ausdrücklich würdigte Steinmeier, dass hunderte russisch-orthodoxe Priester trotz Bedrohung durch Putins Regime öffentlich widerstanden und sich gegen den Krieg gestellt hätten. "Möge eure Stimme auch in dieser Versammlung ein Echo finden", sagte er.
Der Bundespräsident erinnerte auch daran, dass die Kirchen in Deutschland schon 1948 bei der ersten Versammlung des ÖRK in Amsterdam dabei sein konnten und als gleichberechtigte Mitglieder begrüßt worden seien - nach dem Schrecken, den das Deutsche Reich über die Welt gebracht habe, sei das keine Selbstverständlichkeit gewesen. Der ÖRK habe damit vor dieser Schuld nicht die Augen verschlossen, aber mitgeholfen, einen neuen Anfang möglich zu machen. "Dafür sind wir bis heute dankbar", betonte Steinmeier.