KNA: Frau Welskop-Deffaa, warum ist es wichtig, dass mit Ihnen erstmals in der 125-jährigen Geschichte der Caritas eine Frau an der Spitze stehen wird?
Eva Maria Welskop-Deffaa (neue Präsidentin des Deutschen Caritasverbands): Erstens sehe ich ein kirchenpolitisches Signal. Wir diskutieren schon lange, wie es gelingen kann, mehr Frauen in kirchliche Führungspositionen zu bekommen. Dass sich beim Deutschen Caritasverband nun eine solche Chance geboten hat, das haben viele wahrgenommen. Auch als Chance, dass Kirche so eine neue Glaubwürdigkeit gewinnt.
Zweitens fühlt es sich im 21. Jahrhundert schlicht nicht mehr richtig an, wenn im Sozialbereich, in dem 80 Prozent der Beschäftigten Frauen sind, an der Spitze immer wieder nur Männer stehen. Dass wir beim Caritasverband nun Pionier sind, weil wir der erste Wohlfahrtsverband in Deutschland sind, den eine Frau leitet, darauf sind wir auch ein Stück weit stolz.
KNA: Was wollen Sie verändern? Wo ordnen Sie sich zwischen Kontinuität und Aufbruch ein?
Welskop-Deffaa: Sehr wichtig ist mir Innovationsfreude. Das heißt nicht, dass ich alles selbst neu machen will. Sondern es geht mir darum, das, was ich im Caritasverband an guten Ideen und Potenzialen entdecke, großflächig zu verbreiten. Vor Ort werden im Sozialbereich viele innovative Angebote entwickelt, die den Menschen wirklich helfen. Unsere Aufgabe ist es, das in die Fläche zu tragen. Das wäre eine Innovationskultur, die ich gerne befördern möchte.
KNA: Pflege ist ein zentrales Aufgabenfeld der Caritas. Wie wird auch künftig gute Pflege möglich sein, wenn die Zahl der Pflegebedürftigen dramatisch steigt und der Pflegekräftemangel schon jetzt eklatant ist?
Welskop-Deffaa: Da gibt es keine einfachen Antworten. Wichtig ist, die Politik immer wieder auf gute Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verpflichten. Keine Pflegekraft sollte ihren Job aufgeben müssen, weil ihre Arbeit zu Überlastung führt. Wir selbst können in unseren Einrichtungen und Diensten dazu beitragen, neue, innovative Konzepte zu erproben, beispielsweise durch Digitalisierung. Wir haben auch gute Ideen für die sogenannte Live-in-Pflege, bei der Pflegekräfte bei den zu Betreuenden wohnen. Wichtig wird auch sein, neue Formen des Zusammenspiels von ambulanter und stationärer Pflege zu entwickeln.
Das Interview führte Volker Hasenauer.