Israelischen Medienberichten zufolge wurden 11 Sicherheitskräfte und 15 Palästinenser verletzt. Die israelische Polizei stürmte das Plateau des Tempelbergs, als Protestierer Steine auf den Fußgängerzugang unterhalb des Geländes warfen. Es gab mindestens vier Verhaftungen.
Die für Juden, Christen und Muslime heilige Stätte in der Jerusalemer Altstadt ist ein sensibler Seismograph für die Spannungslage im Land. Der demonstrative Auftritt des damaligen israelischen Oppositionsführers Ariel Scharon im September 2002 auf dem Tempelberg war einer der Auslöser der zweiten Intifada. Mit dem Felsendom und der El-Aksa-Moschee stehen dort die wichtigsten Heiligtümer des Islam nach Mekka und Medina. Sie sind genau über dem jüdischen Tempel errichtet, dessen einzig erhaltene Stützmauer, die Klagemauer, für Juden der wichtigste Gebetsplatz ist.
Immer wieder sind es Varianten bekannter Gerüchte, die die Stimmung im Konflikt um den Heiligen Bezirk anheizen. Während Muslime das Heiligtum durch israelische Ausgrabungen gefährdet sehen, werfen die israelischen Behörden ihrerseits der für das Areal verantwortlichen islamischen Wakf-Behörde den Bau einer unterirdischen Moschee und die Beseitigung der Spuren jüdischer Präsenz vor.
Auslöser der jüngsten Spannungen waren palästinensische Berichte über einen Versuch jüdischer Extremisten, den Tempelberg zu stürmen und die Moscheen zu beschädigen. Tatsächlich waren in der Stadt Flugblätter aufgetaucht, die zur "Entfernung der Feinde Israels" aufriefen. Unterzeichnet sind sie vom Likud-Politiker Mosche Feiglin - dessen Sprecher jedoch jegliche Beteiligung bestritt. Die Polizei hinderte ihn vorsorglich am Betreten des Bezirks. Heilige Gebetsstätten seien kein Ort für politische Kundgebungen oder Aufwiegelungen.
Die Arabische Liga verurteilte den Vorfall; im benachbarten Jordanien kam es zu teils gewalttätigen Protesten vor der israelischen Botschaft. Auf dem Tempelberg selbst bewarfen Palästinenser Touristengruppen und Polizei mit Steinen und Schuhen. Die Sicherheitskräfte wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Bei Hausdurchsuchungen fanden sie entsprechendes Material rechtsgerichteter jüdischer Aktivisten.
Unterdessen kocht die Gerüchteküche weiter. Israels umstrittene Chefarchäologin Eilat Mazar warnte am Donnerstag, die Wakf wolle die Tempelberg-Moscheen zu einer Riesenmoschee verbinden. Seit nunmehr zwölf Jahren, sagte sie dem Sender "Arutz 7", arbeite die muslimische Behörde an dem Plan; der Tempelberg sei ein rechtsfreier Raum, in dem keiner die Ordnung garantieren könne. Zudem, so ihre Befürchtung, könnte der Tempelberg unter Tausenden von Muslimen zusammenbrechen. Derselbe Sender berichtete von Warnungen der Wakf, die israelische Polizei wolle den Tempelberg künftig zwischen den muslimischen Gebetszeiten für jüdische Besucher öffnen und deren Sicherheit gewährleisten - Pläne, die die zuständigen israelischen Stellen umgehend zurückwiesen.
Auf palästinensischer Seite wiederum sorgen israelische Initiativen rund um das Heiligtum für Unmut. Im Herbst ordnete der Stadtingenieur den Neubau der Fußgängerbrücke zum Tempelberg an - aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Die provisorische Holzkonstruktion sei einsturz- und brandgefährdet und gefährde die Beter an der benachbarten Klagemauer. Die Brücke wurde kurzfristig geschlossen - und nach arabischen Protesten wieder geöffnet. Stattdessen wurde ein Feuerwehrfahrzeug stationiert; die bestehende Brücke soll nun verstärkt werden.
Auch Pläne für den Neubau eines jüdischen Zentrums nahe der Fußgängerbrücke - angeblich auf arabischen und muslimischen Ruinen - sorgen für Kritik der El-Aksa-Stiftung. Schon in den vergangenen fünf Jahren hätten Grabungen israelischer Archäologen Baustrukturen aus verschiedenen arabischen und islamischen Epochen zerstört. Ebenfalls für Aufsehen sorgte zu Jahresbeginn das Militärrabbinat. Es veröffentlichte zu Chanukka ein Foto des Tempelbergs ohne Felsendom - um ihn in vorislamischer Zeit zu zeigen.
Streit um Jerusalemer Tempelberg verschärft sich
Gefährliches Deja-Vu im Heiligen Bezirk
Neue Eskalation am Tempelberg: Mehrfach schlossen in den vergangenen Wochen israelische Sicherheitskräfte den Zugang zu dem Areal - aus Angst vor Unruhen. Am Freitag nun die bislang härtesten Zusammenstöße zwischen Palästinensern und Polizei.
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