Studie drängt Staaten zu mehr nachhaltiger Politik

"Auf Worte müssen Taten folgen"

Die Staatengemeinschaft hat sich den Kampf gegen Armut, Umweltzerstörung und Ungerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben. Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele müssen sie laut einer Studie aber noch kräftig zulegen.

Autor/in:
Andreas Otto
Es geht um den Erhalt der Erde / © Jerry Lampen (dpa)
Es geht um den Erhalt der Erde / © Jerry Lampen ( dpa )

Es sind ehrgeizige Ziele: Ende September 2015 beschloss die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York 17 sogenannte Nachhaltigkeitsziele, um Armut, Hunger, Ungerechtigkeiten und Umweltprobleme in der Welt zu überwinden. Eine am Donnerstag in Gütersloh veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung belegt: Entwicklungsländer wie Industriestaaten hinken bei der Umsetzung noch deutlich hinterher.

Millenniumsentwicklungsziele abgelöst

Die Nachhaltigkeitsziele - also die Sustainable Development Goals (SDGs) - haben die im Jahr 2000 formulierten Millenniumsentwicklungsziele abgelöst. Auch diese sollten unter anderem die Bekämpfung von Hunger und Armut forcieren. Und es gab durchaus Erfolge; immerhin wurden seit 1990 eine Milliarde Menschen aus äußerster Armut befreit. Doch nach wie vor darben weiter mehr als 800 Millionen Menschen, vor allem in Afrika. Und weit über eine Milliarde lebt in Armut.

Die Bertelsmann-Studie zeigt nun auf, welche von 149 Staaten am ehesten die Nachhaltigkeitsvorgaben umsetzen. Dazu gehört neben der Armuts- und Hungerbekämpfung auch der Zugang zu Bildung, sicherer Energie oder Arbeit sowie Maßnahmen gegen den Klimawandel und für ein funktionierendes Justizsystem. In dem Länderranking liegen - wenig überraschend - die Industriestaaten weit vorn und afrikanische Länder am unteren Ende der Skala.

Wohlhabende Länder in der Pflicht

Dennoch sehen die Autoren der Studie um den UN-Sonderberater Jeffrey Sachs gerade auch die wohlhabenden Länder in der Pflicht, um die Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu verwirklichen. So zeigten Platz 25 für die USA oder Platz 76 für China, dass die großen Volkswirtschaften trotz ihres absoluten Reichtums bei der nachhaltigen Entwicklung aufholen müssen. Dies gelte vor allem für Infrastruktur, Klimaschutz, Artenvielfalt und internationale Zusammenarbeit.

Diese Einschätzung gilt auch für Deutschland, das nach Finnland, der Schweiz, Schweden, Norwegen und Dänemark immerhin den relativ guten sechsten Platz belegt. So könnte die Bundesrepublik bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes noch nachlegen, heißt es. Zwar sei hier der Anteil mit 9 Tonnen pro Kopf erheblich geringer als in den USA mit 17 Tonnen, aber deutlich höher als in vergleichbaren Volkswirtschaften wie Großbritannien mit 7,1 Tonnen und Frankreich mit 5,2 Tonnen.

Ein anderes Thema sind die Ausgaben für Entwicklungshilfe: Nur 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts statt der erwarteten 0,7 Prozent gebe Deutschland dafür aus. Um aber global als Vorbild für die Entwicklungs- und Schwellenländer zu gelten, müssten alle wohlhabenden Staaten ihre Investitionen in diesem Bereich erhöhen, mahnen die Autoren.

Südhalbkugel braucht finanzielle Mittel

Besonders die Südhalbkugel braucht die finanziellen Mittel. Denn den größten Aufholbedarf macht die Stiftung, die gemeinsam mit dem Sustainable Development Solutions Network (SDSN) die Studie erstellte, in den afrikanischen Staaten aus, vor allem südlich der Sahara. Sie litten unter extremer Armut, Gewalt und Mangelernährung. "Staatliche Dienstleistungen wie der Zugang zu Bildung, Infrastruktur oder die Gesundheitsversorgung sind hier teilweise nur rudimentär ausgeprägt", so die Autoren.

Ähnlich schlecht sieht es in Südamerika aus, wo extreme Ungleichheit und viel Gewalt herrschten. In Mexiko oder Bolivien etwa hätten diese Phänomene "systemische Ausmaße erreicht". Im Vergleich zum Pro-Kopf-Einkommen schnitten die südamerikanischen Staaten besonders im puncto Bildung und Gesundheitsversorgung schlecht ab. Eine bessere medizinische Versorgung und mehr Engagement bei der Ausbildung seien auch Herausforderungen für die Länder in Südostasien.

Die Staats- und Regierungschefs hätten "beim historischen Gipfel" im vergangenen Jahr ambitionierte Ziele vorgegeben, betont der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus. "Auf Worte müssen Taten folgen." Ob und inwieweit sein Appell ankommt? Eine weitere Studie von Bertelsmann wird es sicher einmal zeigen.


Quelle:
KNA