Studien: Arbeitsmarkt bleibt "prekär" und Zahl der Familien sinkt

Unsichere Arbeit, fast sicher ohne Familie

Neue Studien zeigen: Junge Menschen haben auf dem deutschen Arbeitsmarkt besonders schwer. Und die Zahl der Familien mit Kind sinkt weiter. Hängt beides zusammen? Ja, sagen Gewerkschafter und fordern Konsequenzen.

 (DR)

"Alarmierend"
Arbeitnehmer bis 30 Jahren müssten häufiger als Ältere mit unsicheren und schlecht bezahlten Jobs vorlieb nehmen, berichtete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung einer entsprechenden Untersuchung. So hätten jüngere Beschäftigte häufiger befristete Arbeits- oder Zeitarbeitsverträge. Zudem klagten viele über Stress und zu hohe Belastung.

Der DGB nannte die Ergebnisse "alarmierend". "Ausgerechnet die jüngere Generation zählt zu den Verlierern am Arbeitsmarkt", kritisierte DGB-Vize Ingrid Sehrbrock. "Unter 30-Jährige sind deutlich besser ausgebildet als Ältere und dennoch überdurchschnittlich häufig von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen", beklagte sie. Dies gefährde in vielen Fällen zudem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Rückgang vor allem im Osten
Die Gefahr der Unvereinbarkeit von Familie und Beruf - aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen das. In Deutschland gibt es immer weniger Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind im elterlichen Haushalt. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Berlin mitteilte, lebten 2006 knapp 8,8 Millionen Familien in Deutschland. Zehn Jahre zuvor waren es noch 9,4 Millionen.

Dagegen leben immer mehr Menschen in sogenannten alternativen Lebensformen, also in nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern oder als Alleinerziehende. Der Präsident des Bundesamtes, Walter Radermacher, sprach von einer kontinuierlichen Entwicklung seit 1997.

Laut Statistikamt sank der Anteil der Bevölkerung, der als Elternteil oder Kind in Familien lebt, in zehn Jahren von 43 auf 39 Prozent. Besonders ausgeprägt ist die Entwicklung in Ostdeutschland mit einem Rückgang um 28 Prozent. Dort ging die Zahl der Familien um 630.000 auf 1,6 Millionen im Jahr 2006 zurück. Im früheren Bundesgebiet gibt es im Berechnungsjahr 7,2 Millionen Familien, ein Prozent weniger als 1996.

Mit der rückläufigen Zahl an Familien geht eine Veränderung der Lebensweisen einher. Die Zahl traditioneller Familien, also Ehepaare mit Kindern, stellt zwar mit 6,5 Millionen weiterhin das dominierende Familienmodell dar. Allerdings sank ihr Anteil binnen zehn Jahren von 81 auf 74 Prozent. Die Zahl alternativer Lebensformen stieg demgegenüber seit 1996 um 30 Prozent auf 2,3 Millionen. In den neuen Ländern ist ihr Anteil mit 42 Prozent fast doppelt so hoch wie im früheren Bundesgebiet.

Immer weniger Familien betreuen immer weniger Kinder
Die Anteil der Alleinerziehenden stieg bundesweit von 14 auf 18 Prozent, nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kind legten von fünf auf acht Prozent zu. In Berlin lebt fast die Hälfte der Familien in alternativen Lebensformen; das ist bundesweit der höchste Wert. Immer weniger Familien betreuen immer weniger Kinder, wie Radermacher erläuterte. So versorgte 2006 gut die Hälfte der knapp 8,8 Millionen Familien jeweils nur ein minderjähriges Kind.

Statistisch gesehen leben in Deutschland im Durchschnitt 1,61 Minderjährige in einer Familie. Ihr Anteil lag vor zehn Jahren bei 1,65. Bei den Ursachen verwies Radermacher unter anderem auf die Alterung der Gesellschaft und den Rückgang an Eheschließungen, die hohe Zahl an Scheidungen sowie das steigende Heiratsalter. So sank die Zahl der Eheschließungen von rund 500.000 im Jahr 1996 auf 373.000 im Jahr 2006. Zugleich stieg das durchschnittliche Heiratsalter bei Männern von 33,4 auf 36,5, bei Frauen von 30,6 auf 33,3 Jahre.

Das Amt erfasste mit der Befragung 380.000 Haushalte. Bei der vorgelegten Auswertung wurden aber Familien mit bereits erwachsenen Kindern nicht berücksichtigt.