Treffen sich drei Kirchenoberhäupter in einem Bürgerkriegsland... Eine "ökumenische Pilgerfahrt" soll es werden, wenn Papst Franziskus, der anglikanische Primas Erzbischof Justin Welby und der Moderator der presbyterianischen Kirche Schottlands, Iain Greenshields, demnächst den Südsudan besuchen. Und die ist alles andere als ein Witz. Im Gegenteil: Millionen Bewohner des von Konflikt, Vertreibung und Hunger geschundenen Landes setzen ihre Hoffnung auf die Reise.
Besuch des Papstes mit Hoffnungen verbunden
Von 3. bis 5. Februar bereisen die drei Kirchenrepräsentanten das Land, das erst 2011 vom Sudan unabhängig wurde. "Diese ökumenische Pilgerfahrt, die erstmals in der Geschichte globale Kirchenführer vereint, wird die Einheit der Kirchen stärken", ist der Südsudanesische Kirchenrat überzeugt.
Und noch viel wichtiger: Die jüngste Nation der Welt werde "über Glaubensrichtungen, politische und ethnische Grenzen hinaus" vereint. Davon ist auch der südsudanesische Bürgeraktivist Festo Bali Christopher überzeugt: "Die Anführer des Südsudans brauchen Druck von außen." Entsprechend dürfte der Besuch des Papstes die Umsetzung des Friedensabkommens von 2018 "beschleunigen", hofft er.
Staatsgründung und Bürgerkrieg
Der Optimismus bei der Staatsgründung 2011 währte nicht lange. Schon zwei Jahre später brach ein Bürgerkrieg aus, als sich Präsident Salva Kiir Mayardit und dessen Vize Riek Machar überwarfen. Der Kampf zwischen ihren beiden Armeen stürzte das junge Land ins Chaos. Etwa eine halbe Million Südsudanesen kamen ums Leben gekommen; Millionen mussten fliehen.
Und heute? Nach Unterzeichnung eines Friedensabkommens und der Bildung einer gemeinsamen Regierung herrscht gewisse Stabilität. Doch sie ist brüchig, wie John Ashworth betont. Der Autor arbeitet seit 40 Jahren als katholischer Missionar mit Kirchen im Sudan und dem Südsudan zusammen. "Während große Gefechte zwischen den Hauptakteuren abnahmen, wird in vielen Teilen des Landes weitergekämpft.
Die Regierung und die internationale Gemeinschaft mögen das als 'lokale' oder 'Stammeskriege' bezeichnen; doch diese stehen in engem Zusammenhang mit dem Ringen der Eliten in der sogenannten gemeinsamen Regierung." Können die Kirchenführer ein Umdenken bei Südsudans Machteliten anstoßen? Ashworth ist "nicht optimistisch".
Katholische Gemeinschaft Sant'Egidio vermittelt für den Frieden
Dabei bräuchte es einen solchen Wandel gerade mit Blick auf den sogenannten Rom-Prozess: Unter Vermittlung der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio unterschrieb die junge Regierung 2020 in Rom, auch mit jenen Rebellen Friedensgespräche fortsetzen zu wollen, die nicht Teil des Friedensplans von 2018 waren. Doch vor kurzem brach Kiirs Regierung die Gespräche ab. Sie argwöhnt, die bewaffneten Rebellen bereiteten sich "auf Krieg vor". Dazu Bürgeraktivist Bali: "Durch den Papstbesuch wird die Regierung gedrängt, sich erneut den Friedensgesprächen zuzuwenden. Die Fortsetzung der Friedensverhandlungen mit den Rebellengruppen wird erleichtert."
Doch selbst in Friedenszeiten gäbe es für die jüngste Nation der Welt viel Aufholbedarf - allem voran in Sachen Demokratie. "Im Alltag sind wir noch weit davon entfernt. Die Grundlagen wie etwa freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und Respekt für Menschenrechte funktionieren noch nicht", so Bali.
Seit Unabhängigkeit bis heute keine Wahlen
Das weiß auch der Generalsekretär der südsudanesischen Journalistengewerkschaft UJOSS, Patrick Oyet. Er unterstützt derzeit sechs inhaftierte Journalisten, denen vorgeworfen wird, ein Video veröffentlicht zu haben, in dem sich Präsident Kiir bei einer öffentlichen Veranstaltung einnässt. Der Vorfall sorgte weltweit für Schlagzeilen. Die Festnahme durch den Nationalen Sicherheitsdienst sei dennoch "überflüssig" gewesen, meint Oyet. Er sei "nicht sehr hoffnungsvoll, dass der Besuch des Papstes einen positiven Einfluss auf Südsudans Anführer haben wird".
Seit Erlangung der Unabhängigkeit vor knapp zwölf Jahren gab es im Südsudan bis heute keine Wahlen. Autor Ashworth zweifelt, dass es dieses Jahr dazu kommt: "Keine der Voraussetzungen ist erfüllt." Keinen plötzlichen Waffenstillstand, keinen Zugewinn an Demokratie - doch eines werde der Besuch der drei Kirchenführer gewiss bringen; darin stimmen auch die Zweifler überein: "Es wird ein wichtiger, die Moral stärkender Solidaritätsbesuch für die Kirchen wie für das südsudanesische Volk", so Ashworth.