Nicht immer ist die Idee zu einem Tanzkurs die Lösung aller Eheprobleme. Trotzdem kann ein geteiltes Hobby, für das vielleicht erst nach vielen gemeinsamen Jahren eine überraschende Leidenschaft entdeckt wird – auch weil dann mit einem Mal dafür Zeit ist – eine Zweisamkeit neu beleben.
Denn nach einer langjährigen Ehe bewegt sich das Leben oft in längst eingefahrenen Bahnen: Die Kinder sind mittlerweile aus dem Gröbsten raus und die Erwachsenen haben wieder Gelegenheit, sich noch einmal neu mit ihrer Zweisamkeit als Paar auseinanderzusetzen. Schließlich stellt sich spätestens, wenn auch das jüngste Kind ausgezogen ist und Eltern alleine zurückbleiben, unvermeidlich für viele die Frage: Wo stehen wir jetzt selbst? Und wo mit unserer Ehe? War’s das jetzt, wenn ein wesentlicher Lebensinhalt, die alltägliche Sorge um die Familie, mit einem Mal fehlt?
Ein solches Innehalten kann zu einer Herausforderung werden, aber auch eine Chance sein, dem langjährigen gemeinsamen Lebensweg neue Facetten abzugewinnen und sich auch noch einmal darauf zu besinnen, wie die Geschichte zu zweit einmal angefangen hat und welche eigenen Bedürfnisse bestehen, die über all die Jahre eher zurückgestellt oder gar verschüttet worden sind.
Mit der Hochzeit geht das Abenteuer Ehe erst los
Was hält Paare zusammen? Was ist ihnen wichtig? Wie pflegen sie ihre Beziehung? Haben sie Rituale? Welchen Stellenwert hat da der Glaube? Was brauchen sie, und was gibt ihnen Kraft – "in guten wie in schlechten Tagen"? Diese Fragen standen im Zentrum eines "Tages der Begegnung für Ehepaare", zu dem Weihbischof Dr. Dominik Schwaderlapp bistumsweit alle Paare, die 15 oder 20 Jahre lang miteinander verheiratet sind, ins Kölner Maternushaus eingeladen hatte.
"Die Ehe ist ein lebenslanges Projekt. Daher nutzt es nichts, wenn wir als Kirche zwar das Rüstzeug für einen guten Start liefern, die Menschen dann aber nicht mehr weiter begleiten. Schließlich geht das Abenteuer einer Ehe mit der Hochzeit erst richtig los. Wir hätten ein großes Versäumnis zu verantworten, wenn wir sie hierbei alleine ließen", erklärt er zu seiner Initiative. Daher solle ein solcher Tag eine Stärkung sein, noch einmal Eheleute sehr bewusst als Paar – eben einmal losgelöst vom übrigen Familiengefüge – in den Blick nehmen und gleichzeitig dazu ermutigen, sich Themen zu stellen, die sonst im Alltag meistens untergingen.
Dabei ist Schwaderlapp, der so ein Treffen in der Vergangenheit auch schon mal für Paare, die fünf oder zehn Jahre miteinander verheiratet sind, innerhalb seines Pastoralbezirks Nord veranstaltet hat, aber genauso wichtig, dass die Teilnehmer auch einmal die Seele baumeln lassen können, wie er sagt. Und so gehört neben Kleingruppengesprächen, in denen jeder nach seinem Rezept für eine gelingende Ehe gefragt wird, einem gemeinsamen Gottesdienst in St. Ursula, in dem sich jedes Paar noch einmal einzeln segnen lassen kann, zum Ausklang des Tages schließlich auch ein gemütliches Abendessen.
Gelegenheit zum Austausch mit anderen Paaren
Fast 3.000 Paare haben im Erzbistum Köln in der Zeit von 1994 bis 1999 den kirchlichen Bund fürs Leben geschlossen. Sie alle wurden vom Bistum angeschrieben. Zehn Prozent davon haben geantwortet und wiederum die Hälfte davon hat eine feste Zusage für die Teilnahme an diesem Tag gegeben. "Auch wenn wir uns mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier zu diesem Termin angemeldet haben, waren wir doch positiv überrascht, dass sich die Kirche in dieser Form kümmert und uns nach all den Jahren noch als Ehepaar wahrnimmt", sagt Heike Spielmans, die mit Ehemann Jürgen und zwei der insgesamt drei Kindern aus Bickendorf zu diesem Begegnungstag gekommen ist.
Während Sofie und Johanna Spaß mit insgesamt 90 anderen Kindern in der Kinderbetreuung haben, nutzen die Erwachsenen das Angebot zum Gespräch mit anderen Paaren. "Wir verstehen diese Einladung als Impuls, über den Stand unserer Beziehung nachzudenken", sagt die 42-Jährige und empfindet es als tröstlich, in ihrem Gesprächskreis zu hören, dass andere es auch nicht immer nur leicht miteinander haben und manche Probleme ähnlich gelagert sind. "Hier bekommen wir noch einmal die Bestätigung, wie wichtig es ist, sich auszutauschen."
Sich mit der Ehe aus Sicht des Glaubens beschäftigen
"Wir haben großes Glück miteinander. Und der heutige Tag ist eine Gelegenheit, sich darüber wieder einmal zu verständigen, an welchem Punkt wir uns gerade miteinander befinden", resümiert Sandra Semrau aus Alfter. "Wir nehmen ihn zum Anlass, uns noch einmal bewusst zu machen, wie sich unsere Liebesgeschichte über die Jahre entwickelt hat." Wie die Spielmans ist auch das Ehepaar Semrau seit 15 Jahren miteinander verheiratet. "Auch wenn wir unterschiedlichen Konfessionen angehören, ist der Glaube für uns ein verbindendes Element", so die 50-Jährige. "Hier treffen wir uns – bei aller Individualität. Daher war uns auch die kirchliche Trauung von Anfang an ein Anliegen. Das Vertrauen auf Gott gibt uns Kraft für unsere Beziehung. Es ist die Basis, die uns trägt."
Auch Melanie und Reinhold Welbers aus Düsseldorf würdigen den Vorstoß der Kirche, auf diese Weise ein Forum für verheiratete Paare zu schaffen, bei dem es letztlich auch um Vernetzung untereinander gehen soll. "Wir waren zwar erst verwundert, haben uns über diese Einladung aber vor allem auch deshalb sehr gefreut", betont das Paar, "weil bei diesem Tag im Zentrum steht, sich mit der eigenen Ehe aus der Sicht des Glaubens zu beschäftigen." Das sei mal etwas anderes und tue einfach gut.
Eheversprechen spirituell und theologisch gedeutet
Was das konkret bedeuten kann, hatte Weihbischof Schwaderlapp gleich zu Beginn der Veranstaltung aufgezeigt, indem er über das Wesen von Liebe sprach und das Eheversprechen spirituell und theologisch deutete, es zugleich aber auch mit vielen anschaulichen Bildern und Beispielen füllte. Vor allem rief er noch einmal in Erinnerung, dass in dem Vermählungsspruch ein ganzes Lebensprogramm enthalten sei. "Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an… Ich verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis dass der Tod uns scheidet…"
Seinen vielen Zuhörern im Plenum sicherte Schwaderlapp zu, das große Projekt Ehe nicht alleine, sondern mit einem Dritten im Bunde – nämlich mit Gott – eingegangen zu sein. Und er erklärte, welche existenzielle Verbindlichkeit es hat, wenn zwei Menschen vor den Traualtar treten und sich einander das Sakrament der Ehe spenden.
In seinem kurzweiligen und gleichzeitig anregenden und informativen Vortrag über die kirchliche Eheschließung, in den er mit einer wohltuenden Portion Humor auch die eine oder andere Anekdote und launige Bemerkung über das Eheleben einstreute, fehlten aber auch eigene Erfahrungen zu den Themen Liebe, Bindung und Hingabe nicht, die er, wie er sehr berührend und authentisch schilderte, auch als zölibatär lebender Priester mache. Immer gehe es Liebenden darum, jemanden in das eigene Herz zu lassen, ihm dafür die Tür von innen zu öffnen und dieser Liebe die Treue zu halten – und das jeden Tag neu mit ganz viel Phantasie.