Moscheen sind vielen Christen in Deutschland immer noch fremd. Dabei werden sie immer sichtbarer. Rund 120 repräsentative Bauten mit Kuppel und Minarett existieren bereits, die zum Teil einer vierstelligen Zahl von Gläubigen Platz bieten. Weitere sollen folgen. Daneben gibt es etwa 2.000 "Hinterhofmoscheen". Der Anblick der Kuppelbauten löst bei vielen Menschen Ängste aus. Der "Tag der offenen Moschee" am 3. Oktober soll helfen. diese abzubauen.
Die teilnehmenden Islamverbände haben bewusst den Tag der deutschen Einheit gewählt, um zu signalisieren: Der Islam ist ein Teil Deutschlands. Schon zum 20. Mal laden die Moscheegemeinden dazu ein.
Moschee kein Gotteshaus
Auch wenn es in Deutschland keine Moschee gibt, die mit den prachtvollen Bauwerken in der islamischen Welt vergleichbar wäre, lohnt sich der Besuch.
Streng genommen ist eine Moschee - anders als geweihte Kirchen - kein Gotteshaus. Das gemeinsame Gebet am Freitag ist zwar ihr wichtigster Zweck, und das arabische Wort für Moschee, "masdschid", bedeutet "Ort der Niederwerfung". Daneben diente die Moschee aber immer auch als sozialer Versammlungsraum und politische und religiöse Lehrstätte.
Schuhe aus
Die Urmoschee war ursprünglich nichts anderes als das Privathaus Mohammeds (570-632) in Medina, in dessen Innenhof die Gemeinde zusammenkam. Für christliche Gäste ist es beim ersten Besuch zuweilen irritierend, dass die sakrale Ruhe einer Kirche in Moscheen eher seltener herrscht, dass vielleicht sogar Kinder auf den Teppichen Fangen spielen.
Wichtigstes Merkmal einer Moschee, die man stets ohne Schuhe betritt, ist die Gebetsnische (mihrab), die den Betenden die Richtung nach Mekka anzeigt. Davor steht beim Ritualgebet der Imam (Vorbeter). Nahebei befindet sich oft ein kunstvoller Ständer mit einem aufgeschlagenen Koran, dem christlichen Ambo vergleichbar. Die Predigt hält der Imam häufig von einer höheren Kanzel, minbar genannt.
Muezzin statt Glocken
Im Unterschied zu katholischen Kirchen gibt es in Moscheen keine Bilder oder Heiligenfiguren. Stattdessen ist der Innenraum üblicherweise mit kalligraphischen Schriftzügen - Versen aus dem Koran - Schnitzereien oder Ornamentik verziert. Ein wesentlicher Bestandteil sind Waschgelegenheiten für die rituellen Waschungen vor dem Gebet.
Die Minarette, um deren Höhe es hierzulande immer wieder Streit gibt, waren ursprünglich in der Tat Kirchtürmen nachempfunden. Die arabischen Eroberer des 7. Jahrhunderts lernten sie im damals christlichen Nahen Osten kennen. Statt Glockengeläut ruft in der islamischen Welt bekanntlich der Muezzin. In Deutschland kommt das bisher so gut wie nie vor. Deshalb dienen die Minarette im Grunde keinem praktischen Zweck.
Misstrauen abbauen
Etwa 100.000 Bürger strömen am "Tag der offenen Moschee" nach Angaben der Veranstalter alljährlich in die islamischen Gebetshäuser. Ihre Gemeinden bieten oft auch ein Rahmenprogramm und Führungen an. Allerdings bleibt auf beiden Seiten noch viel Misstrauen abzubauen.
Ein Grund aus christlicher Sicht: Die Religionsfreiheit, die Muslime im Westen selbstverständlich in Anspruch nehmen, bleibt Christen in islamischen Ländern oft vorenthalten. Dort ist der Neubau von Kirchengebäuden entweder reglementiert oder gleich ganz verboten.
Begrenzte Sympathien
Umgekehrt zeigen viele erregte Bürgerproteste gegen Moscheebauprojekte den Muslimen, dass die Sympathien für einen sichtbaren Islam in der Mehrheitsgesellschaft begrenzt sind. Die Gründe der Gegner reichen dabei von befürchteter Parkplatznot und Lärm bis zur Angst vor Extremisten und offener Islamophobie. Mehrere Moscheen in Deutschland werden tatsächlich vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch gibt es die Sorge, dass sich rund um Moscheen geschlossene Parallelgesellschaften mit eigener islamischer Infrastruktur bilden könnten. Dem können Muslime nur durch Integration und durch Predigten auf Deutsch begegnen. Und durch Transparenz - auch bei der Finanzierung von Moscheebauten, wo Geldgeber aus der Türkei oder aus arabischen Ländern oft für Misstrauen sorgen. Wichtig ist auch die angelaufene Ausbildung von Imamen an deutschen Universitäten als zielführender Weg - der aber von den Gemeinden auch mitgegangen werden muss.