Mitglieder der sogenannten Santa-Marta-Gruppe sind Polizeichefs, Ordensfrauen, Juristen, Bischöfe, NGO-Vertreter aus fünf Kontinenten, die Zwangsarbeit, -prostitution und Sklaverei bekämpfen. Nach Aussage ihres Koordinators, des englischen Kardinals Vincent Nichols, versteht sich die Gruppe "als Katalysator für die Arbeit zur Abschaffung von Menschenhandel".
Lob für Lieferkettengesetz und Aktionsplan gegen Menschenhandel
Laut Nichols ist diese Arbeit durch die Pandemie erheblich erschwert worden. Millionen Menschen seien verarmt und anfällig für Ausbeutung geworden. Im Kampf gegen Menschenhandel seien Aufklärung und das Verfolgen von Finanzströmen besonders wichtig. Zum einen müssten mögliche Opfer informiert und gewarnt werden; zum anderen müssten Verantwortliche in Unternehmen wie Behörden wissen, wie viel Menschenhandel sich in ihren Lieferketten verstecken könne.
Der Koordinator der Santa-Marta-Gruppe, Kevin Hyland, lobte das deutsche Lieferkettengesetz. Dieses sei in gewisser Weise eine internationale Premiere im Kampf gegen Zwangsarbeit und Schattenwirtschaft. Aber auch die Kirchen müssten prüfen, woher genau die von ihnen bezogenen Produkte und Dienstleistungen stammten. Dazu hätten Australiens Bischöfe gerade eine Prüfung veranlasst.
Hyland lobte zudem einen auf Initiative der Deutschen Bischofskonferenz im Frühjahr erarbeiteten Aktionsplan gegen Menschenhandel. Diesen hatte der Kölner Weihbischof Ansgar Puff bei dem dreitägigen Treffen im Vatikan vorgestellt und auch dem Papst übergeben. Der Plan enthält neun Punkte zur Bekämpfung solcher Verbrechen, die je nach nationaler und individueller Ausgangslage zur eigenen Weiterarbeit angepasst und übernommen werden können.
"Heute drohen wir den Kampf zu verlieren"
Roselyn Nambuje, Richterin des Berufungsgerichts in Nairobi, hob die Rolle von Frauen im Kampf gegen Menschenhandel hervor. So habe man in Kenia spezielle Einheiten weiblicher Polizeikräfte eingerichtet; ihnen vertrauten sich Frauen und Kinder viel eher an. Auch gebe es spezielle Fortbildungen für Richterinnen und Staatsanwältinnen. Diese würden geschult, in Verfahren auf Menschenhandel zu achten und die Opfer zu schützen, anstatt sie weiter in die Arme von Menschenhändlern zu treiben.
Über eine besonders verwerfliche Form von Menschenhandel berichtete bei dem Treffen der aus Yangon/Myanmar zugeschaltete Kardinal Charles Bo. Der internationale Organhandel, der über Südostasien laufe, sei eine "moderne Form von Kannibalismus".
Steve Francis von der US-Homeland-Security forderte mehr Konzentration auf die Opfer von Menschenhandel. Es müsse mehr getan werden, um diesen Verbrechen vorzubeugen. "Wir können das Problem nicht allein mit Festnahmen lösen", so der Polizeioffizier. Hyland ergänzte: "Wir brauchen Wanderarbeiter weltweit; es geht nicht ohne - weder in Europa, Südostasien noch anderswo." Allerdings bräuchten diese Menschen Rechtssicherheit, Arbeitsschutz, Bankkonten und anderes mehr. Vor 20 Jahren, so Nichols, waren die Chancen im Kampf gegen Menschenhandel besser. "Heute drohen wir den Kampf zu verlieren."
Wie wirksam vernetzte Vorbeugung trotzdem sein kann, berichteten bei der Tagung Teilnehmer aus Polen und Litauen. Dort hätten Grenzbeamte an ukrainische Flüchtlinge Info-Flyer mit Telefonnummern verteilt. Als ein Bus eine Gruppe von zwei Dutzend Frauen und Kindern in vermeintliche Sicherheit habe bringen wollen, sei eine Frau misstrauisch geworden und habe mit ihrem Handy angerufen. Daraufhin sei der Bus von der litauischen Polizei gestoppt worden.