domradio: Was ist denn ein Wunder?
Andreas Bell (Diakon vom Referat Dialog und Verkündigung im Kölner Generalvikariat): Die Kirche tut sich damit nicht ganz leicht, das zu definieren. Es gibt drei Kriterien, die die Kirche von alters her anlegt, um von einem Wunder zu sprechen: Erstens, es muss ein sinnenhaftes Zeichen sein. Das bedeutet, es muss für jeden - also auch für Ungläubige - wahrnehmbar sein. Zweitens ist es ein Geschehen, dass sich außerhalb des Laufs der Natur ereignet. Dieses Ereignis darf sich nicht durch reguläre oder irreguläre Weltereignisse erklären lassen. Und der springende Punkt im dritten Kriterium: es muss direkt von Gott gewirkt sein, also sich direkt auf Gott zurückführen lässt.
domradio: Welche Wunder gibt es denn überhaupt im katholischen Sinne?
Bell: Im Grunde genommen kennt die Kirche drei Wunder: Das erste ist die Menschwerdung Gottes, also es ist vollkommen außerhalb des Laufs der Natur, dass der Schöpfer des Himmels und der Erde, der also von dieser Schöpfung eigentlich restlos verschieden ist, dass der selber zu einem Geschöpf wird, um seine Botschaft in diese Welt zu bringen. Das ist das Grundwunder. Das zweite Wunder ist, dass Menschen aufgrund Gottes Wortes selber zu Liebenden werden, also sich verschenken, was in der Natur so gar nicht vorgesehen ist, also das Menschen unter Lebensgefahr in eine Grube einfahren, um ihre Kumpels da zu retten und wissen, dass sie dabei "drauf gehen" können, wovon sie selber überhaupt nichts haben, dass sie sich aber trotzdem befreit fühlen, ihr Leben für andere einzusetzen - das ist das eigentliche Wunder! Das dritte Grundwunder, also nach Menschwerdung und dass Menschen zum Glauben kommen, ist die Kirche, dass sich nämlich Menschen zusammenschließen auf Grund des Gottes Wortes, um sich gemeinsam den Glauben zu sagen, weiterzugeben, sich im Glauben bestätigen zu lassen.