Theologe Lütz kritisiert Trauerkult um Prominente

"Übertriebenes Pathos"

Der katholische Theologe, Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz hält die besondere Aufmerksamkeit nach dem Tod Prominenter oft für übertrieben. Er kritisiert dabei eine oftmals "zur Schau gestellte Hoffnungslosigkeit".

Trauer in den USA um den Sänger Prince / © Rich Ryan (dpa)
Trauer in den USA um den Sänger Prince / © Rich Ryan ( dpa )

Derzeit gebe es "eine nicht mehr enden wollende, völlig ritualisierte, düstere Trauerarbeit, bei der die Toten medial überhaupt nicht mehr in Ruhe gelassen werden", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Er habe nichts gegen eine Würdigung, "aber wenn das ewige Leben durch ewige Nachrufe ersetzt wird, dann wird es mühsam".

Ob Prince oder David Bowie, Roger Cicero oder Roger Willemsen, Guido Westerwelle oder Hans-Dietrich Genscher - bei aller "berechtigten Würdigung der Verstorbenen" erlebe er manchmal "übertriebenes Pathos" und eine "zur Schau gestellte Hoffnungslosigkeit". Die Beerdigung von Lady Di sei ein frühes Beispiel dafür gewesen.

Lob für Trauerfeier für Mutter Teresa

Geradezu wohltuend dagegen habe er kurz darauf die Trauerfeier für Mutter Teresa erlebt. Diese "kam ohne jedes Pathos aus, war ein fröhliches Treffen dankbarer Wegbegleiter". Der Glaube ans ewige Leben sei geradezu sichtbar gewesen. Heute aber gelte das Bekenntnis zu so einem Glauben oft nicht als politisch korrekt. Selbst viele Kirchenleute sprächen lieber von der eigenen Ratlosigkeit als vom ewigen Leben.

Und weil der Trost der Religion oft wegfalle, bleibe dann nur die "Trostlosigkeit quer im Raum stehen", so der Theologe weiter. Dagegen habe der christliche Umgang mit dem Tod immer etwas Hoffnungsvolles. Der Tote werde in die Hand Gottes gegeben, und es gebe "eben keine kultivierte Verzweiflung, sondern kultivierte Hoffnung".

Empfehlung eines Perspektivwechsels

Lütz empfahl einen Perspektivwechsel und erinnerte an das Bordell im antiken Pompeji. Dort habe es Totenschädel an den Wänden gegeben als Aufforderung: "Denke daran, dass du stirbst, und lebe jeden Tag lustvoll." Auch der Totenschädel beim heiligen Hieronymus sage "Christ, denk dran: Du stirbst, lebe jeden Tag ganz bewusst." Heute dagegen gaukele die Glücks-, Gesundheits- und Fitness-Industrie "die Mär vom unendlichen Leben vor. Das erzeugt Leere."

Denn erst der bewusste Gedanke an den Tod gebe dem Leben Intensität, betonte der Psychiater: "Wenn wir nicht sterben könnten, wäre alles korrigierbar, nichts wäre entschieden. Es wäre die unendliche Langeweile." Nur der Tod mache jeden Moment unwiederholbar wichtig.

Mancher Krebspatient habe ihm gesagt, der Tag der Diagnose sei schrecklich gewesen, berichtete Lütz. Doch seitdem lebten viele ihr Leben intensiver und ärgerten sich, dass sie das nicht schon vorher getan hätten.


Quelle:
KNA