Johann Baptist Metz, weltweit anerkannter Theologe und Begründer der "Neuen Politischen Theologie", ist am vergangenen Montag im Alter von 91 Jahren in Münster gestorben. Als "einen Theologen von Weltrang, eine starke Stimme für den christlich-jüdischen Dialog und einen herausragenden Vordenker aus Nordrhein-Westfalen" würdigte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Metz. Er sei eine "starke Stimme in der Debatte um eine Theologie nach Auschwitz" gewesen. Metz habe sich sein Leben lang kritisch mit der Frage auseinandergesetzt, warum Gott das unfassbare Leid an Millionen von Menschen nicht verhindert habe. Zugleich habe er die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) und die politische Theologie für die Armen und Leidenden geprägt.
Akademischer Lehrer in der Kirche in Deutschland mit weltweit großem Einfluss
Münsters Bischof Felix Genn schrieb in einem Kondolenzschreiben an die Fakultät, Metz habe als akademischer Lehrer in der Kirche in Deutschland und weltweit großen Einfluss gehabt. "Wir sind in Münster dankbar und stolz, dass er seine Kompetenz und großen Fähigkeiten den vielen Studierenden an der Universität Münster geschenkt hat."
Die Universität Münster und deren Katholische Fakultät erklärten, Metz habe mehrere Studenten-Generationen geprägt. Die von ihm begründete "Neue Politische Theologie" verstehe sich ausdrücklich als eine Gottesrede nach dem Holocaust im Zweiten Weltkrieg. Die Organisation "Wir sind Kirche" betonte, Metz habe die Empfindsamkeit für das Leid des anderen als wesentliches Merkmal des Christentums verstanden.
"Persönliche Leidenschaft und praktisches Engagement"
"Betrübt" über den Tod seines Münsteraner Kollegen zeigte sich der Tübinger Theologe Hans Küng (91). Er würdigte "persönliche Leidenschaft und praktisches Engagement" bei Metz. Auch wenn sie auf die gemeinsame Sorge um Kirche und Welt theologisch unterschiedlich geantwortet hätten, habe sie die Orientierung an Jesus Christus als Leitfigur für menschenfreundliches Leben und Handeln geeint.
Der Philosoph Jürgen Habermas (90) nannte Metz einen "sensiblen Gesprächspartner" Er sei aus seiner Generation "vielleicht der Theologe, der sich am leidenschaftlichsten an der für ihn existenziellen Frage abgearbeitet hat, in welcher Sprache nach dem Holocaust überhaupt noch von Gott geredet werden" könne.
Einfluss auf Befreiungstheologie
Ausgehend von eigenen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg und dem Tod von Millionen Menschen stellte Metz die Frage, wie nach der Katastrophe von Auschwitz von Gott gesprochen und Theologie betrieben werden könne. Zudem hatte er Einfluss auf Entstehung und Entfaltung der lateinamerikanischen Befreiungstheologie und wurde wiederum von dieser mitgeprägt.
Der 1928 in Auerbach in der Oberpfalz geborene Metz promovierte nach Studien in Bamberg, Innsbruck und München in Philosophie und Theologie und empfing 1954 die Priesterweihe. Von 1963 bis 1993 lehrte er in Münster Fundamentaltheologie. Großen Einfluss hatte er als Berater der Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland von 1971 bis 1975 in Würzburg.
"Vergleichgültigung" der Gesellschaft
Metz warnte immer wieder vor einer Verbürgerlichung des Christentums und einer "Vergleichgültigung" der Gesellschaft. Inspiriert wurde der vielfach ausgezeichnete Theologe auch von der sogenannten Frankfurter Schule um die Philosophen Theodor W. Adorno, Max Horkheimer sowie Jürgen Habermas, mit dem er befreundet war. Die von Metz begründete "Neue Politische Theologie" stieß bei Joseph Ratzinger, dem inzwischen emeritierten Papst Benedikt XVI., auf große Skepsis. Als Erzbischof von München verwehrte Ratzinger 1979 Metz einen Ruf an die dortige Universität.