DOMRADIO.DE: Bei "Theologie im Fernkurs" gibt es mehrere Kursvarianten. Können Sie dieses Modell kurz erklären?
Dr. Stefan Meyer-Ahlen (Leiter von "Theologie im Fernkurs"): Bei uns gibt es vier Stufen, die sich ganz grob in zwei Schienen unterteilen lassen. Wir haben zum einen eine Schiene, wo es um Orientierung und Information über theologische Fragen geht und einen Einstieg in die Theologie.
Das sind der Grundkurs und der Aufbaukurs Theologie. Der steht allen Interessierten offen. Man kann sich dort mit Lehrmaterialien zu theologischen Themen informieren, diskutieren und ein Glaubenswissen vertiefen.
Dann haben wir eine zweite Schiene, die qualifizierend ausbildend ist. Da gibt es auch Spezialisierungskurse im Feld der Pastoraltheologie und der Religionspädagogik, sodass man die Qualifikation erlangen kann, Religionslehrerin, Religionslehrer im Kirchendienst zu werden oder auch als Gemeindereferentin, Gemeindereferent tätig zu werden.
Es gibt auch eine große Schiene für Menschen, die den ständigen Diakonat anstreben und die über die Kurse von "Theologie im Fernkurs" ihre theologische Ausbildung machen. Da kann man ganz nach Zeitumfang und Belieben eine Vielzahl an Kursen kombinieren und schauen, was für einen passt.
DOMRADIO.DE: "Theologie im Fernkurs" hat in 50 Jahren eine ziemliche Marke in Deutschland gesetzt. Vermutlich hat Ihr Vorgänger Dr. Thomas Franz auch so den einen oder anderen Stempel hinterlassen. Das sind wahrscheinlich große Fußstapfen, oder?
Meyer-Ahlen: Ja, selbstverständlich. Dass es 50 Jahre lang so eine Institution gibt, ist nicht selbstverständlich. Es entstammt der Idee des Zweiten Vatikanums, dass Theologie für alle zugänglich sein sollte und nicht nur für Kleriker oder solche, die einen kirchlichen Beruf anstreben. Vielmehr sollten sich alle Menschen guten Willens und alle Menschen in der Kirche dafür interessieren und daheim Theologie studieren können.
Die großen Herausforderungen der Zukunft, die vor uns liegen, sind sicherlich mit dem Stichwort Digitalisierung umschrieben. Ein Fernstudium, das auf der Höhe der Zeit ist, muss auch digitale Elemente mit einbeziehen. Wir stellen unsere Lehrmaterialien auch als Datei und nicht nur als gedruckte Briefe zur Verfügung. Es gibt Foren zum Austausch, es gibt Prüfungsleistungen, die online erbracht werden.
Aber wir denken da noch weiter und überlegen, inwieweit wir uns von einem starren System an verschiedenen Lehrheften lösen werden und stärker modular denken. Ziel ist es individueller zu kombinieren, damit es zu den Bedürfnissen der Studierenden passt, die Themen und die Menge an Themen studieren zu können, die sie brauchen.
Die zweite Herausforderung, die wir zu bewältigen haben, hängt damit zusammen, dass überall im kirchlichen Bereich der finanzielle Rahmen knapper wird. Das heißt, wir müssen schauen, wie wir mit knapperen finanziellen Ressourcen die hohe Qualität des Fernstudiums sichern können.
Das sind Dinge, mit denen ich mich in den nächsten Jahren beschäftigen werde. Ich darf glücklicherweise auf ein hochmotiviertes Team zählen, mit dem ich das gemeinsam bewältigen kann. Denn das ist keine One-Man-Show. Das ginge gar nicht bei der großen Zahl an Studierenden. Wir haben über 60.000 Kurseinschreibungen in den letzten 50 Jahren gehabt. Jedes Jahr starten einige 100 Menschen in die Kurse. Das ist schon eine gewisse Zahl, die zu bewältigen ist. Da braucht es einfach ein hohes Engagement und eine gewisse Logistik.
DOMRADIO.DE: Dementsprechend haben wahrscheinlich mehrere 1.000 Leute den Kurs schon erfolgreich abgeschlossen. Aber Theologen dürfen die sich dennoch nicht nennen, oder doch?
Meyer-Ahlen: Doch. Theologe im engeren Wortsinn ist ja jemand, der von Gott spricht, von Gott kündet. So gesehen kann sich eigentlich jeder im engeren Sinne Theologe nennen, der eine Ausbildung bei uns gemacht hat. In redlicher Weise kann man vielleicht hinzusetzen, dass man sich diese Kompetenz im Wege des Fernstudiums berufsbegleitend angeeignet hat. Aber grundlegend geht das schon.
Wenn Sie auf die Anerkennung des formellen Abschlusses, also eine formelle Qualifikation in Theologie abzielen, ist es in der Tat im Fernstudium aktuell noch nicht möglich. Es laufen aber Gespräche hinsichtlich Kooperationen mit Hochschulen, um eine gewisse Durchlässigkeit zu erzeugen. Erste Kooperationen gibt es auch schon.
Aber ich würde allen, die einen Kurs gemacht haben, anraten, durchaus selbstbewusst zu sagen: Ich bin Theologin, Theologe, ich habe ein qualifiziertes Fernstudium.
Wir sind staatlich zugelassen, wir haben einen wissenschaftlichen Beirat, der als Lehrstuhlinhaberinnen und Lehrstuhlinhabern der katholischen Theologie im ganzen deutschsprachigen Raum besteht. Das ist nicht irgendwie aus der Schublade gezaubert. Das hat Hand und Fuß und wissenschaftlichen Standard. Da braucht man sich, glaube ich, nicht zu verstecken, wenn man diese Kurse macht.
DOMRADIO.DE: Die Situation in der katholischen Kirche ist alles andere als rosig. Wie wichtig ist es deswegen, Studiumskurse in Ihrer Form anzubieten?
Meyer-Ahlen: Ich finde immer, in Erschütterungen oder in Krisensituationen ist Selbsthilfe ein ganz guter Punkt. Nicht unbedingt darauf vertrauen, dass andere alles besser machen, sondern zu schauen, was kann ich eigentlich selbst dazu beitragen, dass es wieder besser wird?
Das könnte auch sein, sich hinsichtlich theologischer Qualifikation und Orientierung auf den Weg zu machen und mal selber zu schauen, was eigentlich dieser Glaube ist, dieses 2000 Jahre alte Konstrukt oder diese 2000 Jahre alte Erfahrung von Menschen? Was steckt genau dahinter? Kann ich auch einen anderen Zugang zu dem gewinnen, was mir der Pfarrer in der Sonntagspredigt regelmäßig erschließt? Also, wie kann ich meine Mündigkeit als Christin oder Christ eigentlich vertiefen und erweitern?
Das in diesen Zeiten anzubieten und sich dort einzubringen und Gründerin und Gründer des Glaubens zu werden, halte ich für wichtig. Das gelingt eigentlich dann am besten, wenn man eine fundierte theologische Kenntnis und einen fundierten theologischen Hintergrund mitbringt und nicht nur meint, das zu erzählen, was man so glaubt und worauf man hofft.
Das ist schon viel. Aber wenn man das auch noch begründen kann und diskursfähig ist und vielleicht auch eine substanzreife Sprache gewonnen hat, ist das, glaube ich, etwas, von dem in diesen erschütternden Zeiten alle profitieren – die kirchliche Welt und die sie umgebende Welt.
DOMRADIO.DE: Worauf freuen Sie sich am meisten in Ihrem neuen Job?
Meyer-Ahlen: Auf das kreative Gestalten der Zukunft. Jeden Tag kann man die Zukunft neu gestalten. Ich kann mich jeden Tag auf die Begegnung mit vielen Menschen freuen, die sich auf Theologie einlassen. Es ist eine große Freude und ein Geschenk, dass ich Menschen beim Wagnis, Theologie zu erleben, begleiten kann.
Das Interview führte Oliver Kelch.