Papst Franziskus hatte am Sonntag Bestrafungen durch Gott mit körperlicher Züchtigung durch Eltern verglichen. Wenn eine Mutter oder ein Vater "dem Kind etwas mitgeben", hätten die Eltern oft größere Schmerzen in der Hand als das Kind auf dem Po. "Der Herr bestraft, um zu verbessern. Er bestraft aus Liebe", führte Franziskus aus, der per Video-Schalte aus dem Vatikan in das Studio bei Mailand zugeschaltet war.
Prof. Dr. Christine Büchner vom Lehrstuhl für Dogmatik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erklärt auf DOMRADIO.DE-Anfrage, was sie an den Aussagen des Papstes für kritikwürdig hält:
"Gott will das Gute für alle Menschen, für alle Kreaturen und für den gesamten Kosmos. Das ist eine Kernüberzeugung der Bibel; und Christ*innen glauben, dass Jesus von Nazaret das mit seinem Leben bezeugt hat.
Die Vorstellung eines strafenden Gottes widerspricht dieser Glaubensüberzeugung. Sie resultiert aus der Vorstellung, die sich Menschen zu biblischen Zeiten ebenso wie heute – in der Verlängerung menschlicher Hierarchien und Herrschaftsstrukturen – immer wieder von Gott gemacht haben: der Vorstellung von Gott als Alleinherrscher, wenn auch als liebendem (was aber eigentlich ein Widerspruch ist).
Liebe drückt sich nicht durch Gewalt aus
Dieses vertrackte und Missbrauch begünstigende Gottesbild steht auch im Hintergrund der ärgerlichen und unverantwortlichen Aussage von Papst Franziskus.
Sie befördert dieses unheilvolle Gottesbild, das Liebe und Gewalt zusammenbringt, und legitimiert in einem Atemzug damit, wenn Eltern ihre Kinder schlagen. Liebe drückt sich aber nicht durch Gewalt aus, sie wählt andere Wege, Wege der Liebe. Weil wir Menschen kaum jemals ausschließlich von Liebe bestimmt sind, kommt es zu Gewalt. Eltern, die ihre Kinder mit Schlägen zur Räson bringen, tun dies ja oft aus Hilflosigkeit.
Handeln hat Konsequenzen
Von Gott aber müssen wir doch gerade anderes annehmen: dass er, um mit seiner Güte und Liebe für alle anzukommen, konsequent den Weg der Liebe geht. Mit Gewalt kann die Liebe nicht ankommen. D. h. aber gerade nicht, dass Gott alles gleichermaßen gut findet, was wir tun und unser Tun keine Konsequenzen nach sich zöge; aber wir dürfen annehmen, dass Gott auf unser Mittun baut, darauf, dass sich seine positive, andere ermächtigende Dynamik ausbreitet durch Menschen, die sich von ihr einladen und ergreifen lassen.
Dafür trägt und erträgt den Kosmos und jedes, jede und jeden darin in seiner Eigendynamik. Und ist das nicht auch viel eher ein Vorbild, nach dem Eltern in der Beziehung zu ihrem Kind sich richten könnten?"