Theologische Betrachtung zum siebten Sonntag der Osterzeit

Hauptsache dabei

Besser spät als nie, heißt es so schön. Manche Menschen finden erst im Lauf ihres Lebens zu Jesus. Aber egal, wann man in die Nachfolge Christi eintritt, das Wichtige ist, dass man es tut und das Evangelium mit Leben füllt.

Autor/in:
Fabian Brand
Rosenkranzgebet / © Corinne Simon (KNA)
Rosenkranzgebet / © Corinne Simon ( KNA )

Zweite Wahl: So steht es manchmal auf Produkten, die dann günstiger abzugeben sind. Sie sind eben nicht erste Wahl, also perfekt gearbeitet und völlig makellos, sondern sie haben den einen oder anderen Produktionsfehler. In der Porzellanindustrie war es zum Beispiel üblich, auf der Unterseite zwei Striche einzugravieren, um damit anzuzeigen, dass ein Werkstück nicht so gelungen ist, wie es sein sollte. Solche Stücke werden oft nicht zum vollen Preis verkauft, sondern reduziert angeboten.

Zweite Wahl: Diese Worte könnte man auch über die Lesung aus dem Buch der Apostelgeschichte schreiben, die an diesem letzten Sonntag der Osterzeit zu hören ist. Dort wird von der Wahl des Matthias ins Apostelkollegium erzählt. Und Matthias ist tatsächlich die "zweite Wahl", die notwendig geworden ist, weil Judas aus bekannten Gründen aus dem Zwölferkreis ausgeschieden ist.

Kein Ausdruck der Qualität

Den restlichen Elf bleibt nichts anderes übrig, als den leergewordenen Platz des Judas neu zu besetzen. Denn nur mit zwölf Männern behält das Apostelkollegium seine volle Aussagekraft und erinnert an die zwölf Stämme Israels. Jesus hat das neue Gottesvolk gesammelt, das auf den Schultern der zwölf Apostel auferbaut wird. Diese Symbolik soll der Zwölferkreis anzeigen.

Und doch ist Matthias keine zweite Wahl im Sinne einer minderen Qualität. Durch sein Nachrücken besitzt er dasselbe Recht wie alle anderen Apostel auch. Obwohl er erst später zum Zwölferkreis dazugekommen ist, ist er kein schlechterer Apostel als die anderen. "Zweite Wahl" bezeichnet im Fall von Matthias allein eine zeitliche Komponente, keine Qualitätsbeschreibung.

Arbeiter im Weinberg

Die Wahl des Matthias erinnert an ein Gleichnis, das Jesus erzählt hat: das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Dort heißt es, dass alle Arbeiter am Ende denselben Lohn erhalten, ob sie nun den ganzen Tag oder nur eine Stunde geschuftet haben. Übertragen auf die Episode aus der Apostelgeschichte kann das bedeuten: Auch wenn Matthias erst später zum Apostelkreis dazugestoßen ist, ist er nicht weniger Apostel als die anderen. Er hat sich in die Nachfolge Christi berufen und vom Wirken des Heiligen Geistes erfüllen lassen - das ist das alle Entscheidende; alles andere ist nachrangig.

Blick über die Weinberge bei Rüdesheim auf die Abtei Sankt Hildegard / © Harald Oppitz (KNA)
Blick über die Weinberge bei Rüdesheim auf die Abtei Sankt Hildegard / © Harald Oppitz ( KNA )

Sich öffnen für den Ruf Christi und bereit zu sein, seinen Weg zu gehen, wenn es Zeit dafür ist: Darauf kommt es im christlichen Leben an. Es mag viele Menschen geben, denen es wie Matthias geht oder wie den Arbeitern, die erst zu später Stunde in den Weinberg kommen. Sie haben Christi Stimme erst spät in ihrem Leben gehört, sie sind ihm nicht Zeit ihres Lebens nachgefolgt.

Und doch ist das kein Manko: Egal, wann man in die Nachfolge Christi eintritt - das Wichtige ist, dass man es überhaupt tut. In den Augen Christi gibt es keinen Qualitätsunterschied zwischen denen, die schon länger dabei sind und denen, die erst neu dazukommen. Alle sind gleichwertig, alle sind dazu berufen, Erben des Gottesreiches zu werden. Zwischen den ersten und den letzten Arbeitern im Weinberg wird am Ende kein Unterschied gemacht: Alle werden gleich bezahlt.

Das Evangelium mit Leben füllen

So zeigt uns die Schriftlesung am siebten Ostersonntag, dass es nicht darauf ankommt, wie lange jemand Christ ist. Sondern es zählt allein, dass man nun Jesus nachfolgt und sein Evangelium mit Leben erfüllt. Das ist der Auftrag für jeden Christen und jede Christin: den Glauben so zu leben, dass andere motiviert werden, von Jesus zu hören und sich seiner Kirche anzuschließen. Es ist Aufgabe eines jeden Getauften, den eigenen Glauben nicht zu verstecken, sondern aus diesem Glauben heraus das Leben zu gestalten und als Vorbild für andere zu leben.

Dann können wir in dieser Welt erfahrbar machen, was es heißt, dass Christus, unser Erlöser, an allen Tagen bei uns bleibt. Er, der uns in seine Nachfolge berufen und uns aufgetragen hat, seine Frohbotschaft in Wort und Tat den Menschen weiterzugeben.

Ostern

An Ostern feiern Christen ihr wichtigstes Fest: die Auferstehung Jesu am dritten Tag nach dem Tod am Kreuz. Die Botschaft von Kreuz und Auferstehung ist das Fundament ihres Glaubens. Kerngehalt ist, "dass am Ende das Leben über den Tod, die Wahrheit über die Lüge, die Gerechtigkeit über das Unrecht, die Liebe über den Hass und selbst über den Tod siegen wird", so der katholische Katechismus.

Seit dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 wird das älteste Fest der Christenheit am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert.

Osterkerzen / © Harald Oppitz (KNA)
Osterkerzen / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA