Tourismus-Börse präsentiert Kirchliches ganz unterschiedlich

Von Kölner Dom-Spitzen und Luther-Jubiläen

Als Kulturträger spielen die Kirchen nach Einschätzung der Bundesregierung eine überragende Rolle. Zumindest heißt es so in ihrem Enquetebericht zu diesem Thema. Auf der Berliner Internationalen Tourismusbörse (ITB) allerdings muss man lange suchen, bis man im Bilder-Wald der Messestände auch christliche Kulturdenkmale findet.

Autor/in:
Klaus Nelißen
 (DR)

So sind in der Nordrhein-Westfalen-Halle am Kölner Stand nur die Spitzen des weltberühmten Doms im Hintergrund zu erkennen. Die Kathedrale sei zwar Deutschlands Touristenziel Nummer eins, erklärt Klaus Odenthal vom Köln-Marketing. Die Turmspitzen seien beim Fachpublikum aber vor allem Markenzeichen der Köln-Messe, betont er. Von den zwölf bedeutenden romanischen Kirchen der Rheinmetropole ist überhaupt nichts zu sehen.

Ein Lichtblick in Sachen kirchlicher Kultur sind dagegen die Hallen, in denen sich die neuen Bundesländer vorstellen. Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben ihre großen Gotteshäuser aus der Epoche der Backsteingotik ins Zentrum gerückt. Noch stärker setzt in diesem Jahr Sachsen-Anhalt auf seine Kirchenschätze. Großformatige Abbildungen von Bibelhandschriften und lächelnden Mönche sowie ein gemauertes Backsteinfenster schaffen nahezu Klosteratmosphäre. Das Bundesland wirbt für sich mit seinen großen Domen, der Straße der Romanik und vor allem mit Martin Luther.

Der Wittenberger Reformator ist gleich auf mehreren Ständen präsent. Die Feierlichkeiten zur Vorbereitung des 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 beginnen schon in diesem Jahr. Am Stand der «Lutherstadt Wittenberg» wirbt Elke Witt in einem historischen Gewand. Sie trägt eine Robe, die dem Vorbild aus einem Gemälde des Luther-Freunds Lucas Cranach nachempfunden ist. 80 Prozent der Anfragen an ihre Einrichtung beziehen sich auf Luther, bilanziert die Geschäftsführerin des Vereins «TourismusRegion Wittenberg». Mittlerweile stammt jeder zehnte Besucher der Stadt sogar aus den USA. Kirchliche Kultur bietet noch viel mehr Potenzial, ist sich Witt sicher.

Auch Christian Utpatel wirbt für Reisen ins Lutherland. Seine Agentur hat sich sogar auf den Luther-Tourismus aus den USA spezialisiert. Der evangelische Pastor bedauert, dass es auf der ITB keinen eigenen Bereich für religiöse Reisen gibt. Er fordert mehr Sensibilität für die spirituellen Erwartungen vieler Touristen. Wenn sie ans Luthergrab kämen, wollten sie nichts über den Baustil des Gotteshauses erfahren, sondern ein Kirchenlied singen. An den ostdeutschen Lutherstätten fehle dafür aber oft das notwendige Verständnis.

Fehlendes Einfühlungsvermögen in Bedürfnisse der Reisenden beklagt auch der stellvertretende Geschäftsführer von «Biblische Reisen», Michael Doll. Die absolute Mehrheit der deutschen Heilig-Land-Touristen reise aus religiösem Interesse. Doch würdigten weder Israelis noch Palästinenser dies in ausreichendem Maße.

Der 97. Katholikentag vom 21. bis zum 25. Mai in Osnabrück ist dagegen unübersehbar präsent. Auf Einladung des Stadtmarketings werben die Veranstalter mit einem vier mal vier Meter großen Plakat unter dem Katholikentags-Motto «Du führst uns hinaus ins Weite». Mit 20.000 erwarteten Dauerteilnehmern wird der Katholikentag das größte Ereignis der Region in diesem Jahr, wie dessen Sprecherin Christina Hartmann betont. Für sie ist er ein Musterbeispiel dafür, welche touristische Bedeutung auch kirchliche Großereignisse haben können.