Traunsteiner Kommission legt Bericht zu Benedikt XVI. vor

Kein Handlungsbedarf

Eine kommunale Untersuchungskommission in Traunstein sieht nach dem Münchner Missbrauchsgutachten keinen Anlass, dem emeritierten Papst Benedikt XVI. die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen oder Örtlichkeiten umzubenennen.

Traunsteiner Komission sieht bei Benedikt XVI. keinen Handlungsbedarf / © Sven Hoppe/dpa/Pool (dpa)
Traunsteiner Komission sieht bei Benedikt XVI. keinen Handlungsbedarf / © Sven Hoppe/dpa/Pool ( dpa )

"In der Kommission bestand in der Gesamteinschätzung Einigkeit darüber, dass derzeit kein Handlungsbedarf in Bezug auf vorgenannte Ehrungen hinsichtlich Papst Benedikt XVI. besteht", heißt es in dem am Montag vom Landratsamt Traunstein veröffentlichten Abschlussbericht des Gremiums.

Das aus sechs Personen gebildete Gremium war im Auftrag von Stadt- und Landkreis Traunstein, der Stadt Tittmoning und der Gemeinde Surberg im Frühjahr eingerichtet worden und hat sich den Angaben zufolge fünfmal getroffen. Dabei sei das "private Gutachten", das im Auftrag der Erzdiözese München und Freising von einer Anwaltskanzlei erstellt worden sei, ebenso erörtert worden wie die Frage, was Betroffene sexuellen Missbrauchs über Ehrungen des emeritierten Papstes dächten.

Benedikt XVI. erbittet Entschuldigung und dementiert Vertuschung

Benedikt XVI. hat eine Mitschuld der kirchlichen Verantwortlichen an sexuellem Missbrauch eingeräumt und die Opfer um Verzeihung gebeten. In einem zweieinhalbseitigen Brief, den der Vatikan am Dienstag veröffentlichte, äußert er "tiefe Scham", "großen Schmerz" und eine "aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs".

Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt (KNA)
Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt / ( KNA )

Kein substanziell verändertes Geschichtsbild

Unter Bezug auf Kriterien des Deutschen Städtetags für die Aberkennung von Ehrenbürgerwürden und Straßenumbenennungen kam die Kommission zum Ergebnis, diese seien nur dann geboten, "wenn sich ein substanziell verändertes Geschichtsbild oder maßgeblich neue Erkenntnisse rund um eine geehrte Persönlichkeit ergeben haben". Hierbei seien hohe Maßstäbe anzulegen, "da gewisse Personen in der Öffentlichkeit stets Gegenstand gesellschaftlicher Deutungskämpfe sind und sich im Verlauf der Zeit der Kodex dessen ändert, was als ehrenwert anerkannt wird und was nicht".

Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien bei der Behandlung von Missbrauchsfällen im Raum der Kirche könnten dem emeritierten Papst nicht angelastet werden, heißt es in dem Bericht weiter. Die Gutachter hätten im Blick auf seine Verantwortung als Münchner Erzbischof von 1977 bis 1982 "mit einigem Bemühen vieldeutige Indizien herausgearbeitet, die außergerichtlich allerdings keine zweifelsfreie Beurteilung zulassen". Dies habe sich im Diskurs in der Kommission ebenso gezeigt wie in der "konfrontativ geführten medialen Debatte" über das Gutachten. Zudem sei dieses nicht mit einem fairen, öffentlichen und rechtsstaatlichen Verfahren gleichzusetzen.

Traunstein gilt als Benedikts "Vaterstadt"

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist Ehrenbürger von Traunstein, Tittmoning und Surberg, weil er dort im Laufe seines Lebens mit seiner Familie gelebt hat. Vor allem Traunstein wurde ihm dabei zur "Vaterstadt", wie er gern sagte, womit die Kommune auch für sich wirbt, zum Beispiel mit Hinweisschildern an der Autobahn. In Traunstein besuchte Joseph Ratzinger als Schüler auch das Studienseminar Sankt Michael der Erzdiözese München und Freising. In späteren Jahren kehrte er als Kurienkardinal gern dorthin zurück, um Urlaub zu machen. Auch der sogenannte Benediktweg, ein Radweg auf den Spuren des früheren Papstes zwischen Inn und Salzach, führt durch diese Orte.

Quelle:
KNA